Nur die Grünen können Stuttgart 21 noch durchsetzen

Am 27. November soll die baden- württembergische Bevölkerung in einer Volksabstimmung entscheiden, ob Stuttgart 21 umgesetzt wird, oder ob ein ca. 350 Millionen teurer Ausstieg aus dem Projekt eingeleitet werden soll.

Die Bedingungen, die durch die Landesverfassung gegeben sind, sind indes so hoch angesetzt, dass selbst die optimistischsten unter den S21-Gegnern nicht von einem realistischen Ausstiegsszenario ausgehen: Es müssen mindestens ein Drittel der Stimmberechtigten, also ca. 2,5 Millionen Wahlberechtigte, für den Ausstieg stimmen.

Und Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagt in jedes Mikrophon: “Wenn das Quorum nicht erreicht wird, ist das Ausstiegsgesetz nicht angenommen.”
Damit ist schon vorab hochoffiziell verkündet: S21 soll endgültig gebaut und scheindemokratisch legitimiert werden.
In der Protestbewegung wird derweil über das weitere Vorgehen nach der absehbar verloren Abstimmung diskutiert, einige wollen weiterkämpfen, andere sich dem Mehrheitswillen beugen.

Das Ziel ist klar. Ein überflüssiges Großprojekt, dass keinerlei Nutzen für die Bevölkerung bringen wird, soll Steuermilliarden in die Kassen der Konzerne spülen. Der aktuelle Streit innerhalb der Bourgeoisie um S21 dreht sich letztlich nur um die Verteilung. Jeder will den größeren Teil des vorhandenen Steuerkuchens zugeschanzt bekommen. So stehen den Interessen der Bahn, der Immobilienhaie und der Baufirmen die Inter-essen der Einzelhändler und Kleingewerbetreibenden in der Stuttgarter Innenstadt, aber auch die der anderen Kapitalisten im Ländle gegenüber. Wird S21 gebaut, bleibt für die nächsten zehn Jahre kaum öffentliches Geld übrig, dass verteilt werden kann. Das all die anderen notwendigen Investitionen z.B. in die Mo-dernisierung von Schulen oder für Kultureinrichtungen auf der (Bahn-) Strecke bleiben oder zusammenge-strichen werden, ist absehbar.

Und die Protestbewegung soll durch die angesetzte Volksabstimmung gespalten und dann endgültig zerschlagen werden.
Die Mitglieder der KI BA-WÜ beteiligen sich an der Volksabstimmung, trotz der offensichtlichen Machen-schaften und des Missbrauchs des „Werkzeuges Volksabstimmung“.

Wir stimmen mit „JA“ für das S21-Kündigungsgesetz. Wir lassen uns aber nicht vor den Karren einer durchsichtigen Alibiveranstaltung spannen. Wir zeigen auf, dass wir durchschauen, dass es nicht um das Abfragen des Volkswillens geht. Unser JA bedeutet auch nicht die Unterstützung für „Grüne“ Positionen, sondern ist ein Beitrag zur weiteren Stärkung und Vertiefung des Widerstandes gegen S21. Nur vereint und im mas-senhaften Widerstand, der auf die Straße und in die Betriebe getragen wird, kann dieses Projekt vereitelt werden.

Wieder einmal zeigt sich, wie notwendig das Mittel des politischen Streiks wäre, um einen qualitativen Schritt vorwärts gegen die Gewalttaten des Kapitalismus zu kommen. Nur wenn es gelingt, den Widerstand gegen S21 auch in die Betriebe zu tragen, haben wir eine realistische Chance S21 zu Fall zu bringen.
Betriebsräte können schon heute, während der Arbeitszeit, Betriebsversammlungen durchführen.

Ein Zusammenhang von S21 und dem Tagesordnungspunkt „Wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Betriebs“, der Bestandteil von Betriebsversammlungen sein muss, lässt mit ein bisschen Kreativität immer finden. Schließlich hängt jeder Betrieb direkt oder indirekt auch an öffentlichen Investitionen. Wenn aber das Land den Großteil seines finanziellen Handlungsspielraums unter die Stuttgarter Erde legt, hat das immer auch Auswirkungen auf die finanzielle Situation der jeweiligen Betriebe und somit auf die Arbeitsverhältnisse.
Solche Betriebsversammlungen, die zeitlich sehr umfangreich gestaltet werden können, können und müssen zu einer Keimzelle des politischen Streiks in unserem Land werden.
Und: Niemand verpflichtet Betriebsräte dazu, Betriebsversammlungen ausschließlich in der Aula oder Betriebskantine abzuhalten. Betriebsversammlungen können auch im Freien stattfinden.

Wir rufen alle Bürger des Landes dazu auf, sich an der Volksabstimmung zu beteiligen und mit „Ja“ zu stim-men, gleichzeitig aber auch die jeweiligen individuellen Möglichkeiten zur Verstärkung des Widerstands zu nutzen.

21.11.2011, KI Baden-Württemberg

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