Moderne Sklaverei in Deutschland 2012 – Werkverträge ersetzen Leiharbeit

Lohndumping: Immer mehr Arbeitskräfte werden per Werkvertrag beschäftigt

Das „neue Modell der Ausbeutung“ sei längst etabliert, so die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). Immer mehr Arbeitskräfte in der Ernährungsindustrie sind per Werkvertrag angestellt und bekommen im Durchschnitt fast sechs Euro weniger Stundenlohn als die Stammbelegschaften.

Demnach sind bereits (nur) in der Ernährungsindustrie 57 Prozent der Beschäftigten, die nicht zur Stammbelegschaft gehören, per Werkvertrag bei einer Drittfirma beschäftigt. Im Jahr 2010 waren es noch 47 Prozent der Beschäftigten.

Im Gastgewerbe sei mittlerweile jeder zweite Arbeitsplatz ein “Minijob“. Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), fordert, dass der Billigzyklus von Hungerlöhnen, Leiharbeit und “Minijobs“ durchbrochen werden müsse. “Prekäre Arbeit ist kein Zukunftsmodell. Wir brauchen eine neue Ordnung der Arbeit. Dazu gehört die Eindämmung und bessere Kontrolle von Leiharbeit und Werkverträgen sowie die Zurückdrängung der Minijobs. Nur existenzsichernde Arbeitsverhältnisse können ein stabiler Faktor für einen nachhaltigen Aufschwung und Ausweg aus der Krise sein.“

[Merke auch hierzu: Es sollte auch den Gewerkschaftsfunktionären nicht nur um “Reform“ bzw. Verschönerung des Systems der Ausbeutung gehen, sondern um die Überwindung und Aufhebung des Systems der Lohnarbeit; – unter anderem: um die Überwindung und Aufhebung der bestehenden Eigentumsverhältnisse an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln.]

Werkverträge seien „das neue Geschäftsmodell, um Menschen noch billiger in unsichere Arbeit an den Rand der Belegschaften zu drängen“, sagte Claus-Harald Güster, der stellvertretende NGG-Vorsitzende.

Laut einer Umfrage bekommen Werkvertrag-Beschäftigte im Durchschnitt 5,84 Euro weniger Lohn pro Stunde als vergleichbare Stammbeschäftigte. Leiharbeiter verdienen im Durchschnitt 5,06 Euro weniger als Stammarbeiter (Frauen und Männer). Werkvertrag-ArbeiterInnen verdienen im Durchschnitt rund 80 Cent weniger in der Stunde als Leiharbeiter. Von der NGG zitierte Betriebsräte sagen hierzu: „Das ist moderne Sklaverei“ oder „Das Unternehmen will die Stammbelegschaft komplett ersetzen: Werkvertrag-Arbeiter sind einfach viel billiger“. (Vgl.)

»Die Industrie erziele durch dieses Lohnsystem einen hohen Umsatz. So sei deutsches Billigfleisch als Exportschlager in die Europäische Union nur mit deutschen Billiglöhnen möglich, weil deutsche Fleischunternehmen mit Dumpinglöhnen und Werkverträgen Wettbewerbsvorteile erzielen. {…} Für Werkverträge gibt es keine Meldepflicht, wie die NGG erklärte. Deshalb gebe es auch keine Daten darüber, dass Werkverträge nicht nur in der Lebensmittelwirtschaft, sondern in allen Branchen der Industrie zugenommen hätten.« (Vgl.)

Vor allem in Brauereien und bei Herstellern von Erfrischungsgetränken werden bereits mehr Werkvertrag-ArbeiterInnen als LeiharbeiterInnen eingesetzt »Sie übernehmen verstärkt Helfertätigkeiten wie das Sortieren von Leergut, Stapler fahren oder Reinigungsarbeiten. Auch in Molkereien und Bäckereien nehme die Zahl der Werkvertrag-Arbeiter zu. Überwiegend handle es sich um Arbeitskräfte aus Osteuropa, in der Getränkeindustrie vor allem aus Litauen.«

Osteuropäische Arbeitskräfte seien eher bereit, für noch weniger Geld und zu noch schlechteren Bedingungen zu arbeiten, erklärte die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). Dies verstärke den Druck auf die Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft „um ein Vielfaches“.

Die NGG fordert einen allgemein verbindlichen gesetzlichen Mindestlohn. Der Mindestlohn gelte für alle – für Werkvertrag-Arbeiterinnen und Arbeiter aus Osteuropa, LeiharbeiterInnen oder Stammbelegschaften. Die NGG verlangt zudem, die tatsächliche Verbreitung und die Auswirkungen von Werkverträgen umfassend zu erfassen und wissenschaftlich zu untersuchen. Entsprechende Daten müssten von staatlichen Stellen erhoben und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. (Vgl.)

Anmerkung und Kritik: Auch die NGG fordert nur einen gesetzlichen DGB-Billiglohn von 8,50 Euro pro Stunde, – damit kann man die Einkommensarmut und Altersarmut in der Quandtschen und Hundtschen Reichtumsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht überwinden.

Quelle: t-online.de am 02.04.2012: »Gewerkschaft NGG beklagt “moderne Sklaverei“«

http://wirtschaft.t-online.de/lohndumping-immer-mehr-arbeitnehmer-per-werkvertrag-beschaeftigt/id_55291850/index

03.04.2012, Reinhold Schramm

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