Ein US-Kriegsspiel hat die Gefahren aufgezeigt, die bei einem Militärschlag Israels gegen den Iran drohen

Das für den Mittleren Osten zuständige US-Regionalkommando CENTCOM hat in einem Kriegsspiel die Gefahren untersuchen lassen, die von einem israelischen Überfall auf den Iran ausgehen könnten.

 

Ein US-Kriegsspiel hat die Gefahren aufgezeigt,

die bei einem Militärschlag Israels gegen den Iran drohen

Von Mark Mazetti und Tom Shanker

The New York Times, 19.03.12

(  http://www.nytimes.com/2012/03/20/world/middleeast/united-states-war-game-sees-di- re-results-of-an-israeli-attack-on-iran.html )

 

 

WASHINGTON – Nach Angaben aus offiziellen US-Kreisen hat eine im laufenden Monat durchgeführte geheime Kriegssimulation zu möglichen Auswirkungen eines israelischen Angriffs auf den Iran ergeben, dass ein solcher Überfall einen größeren Regionalkrieg aus – lösen würde, in den die USA hineingezogen und bei dem Hunderte von US-Amerikanern getötet würden.

 

Offizielle ließen durchblicken, das so genannte Kriegsspiel habe nicht der Vorbereitung ei – ner US-Militäraktion gedient, und betonten, dass ein realer Konflikt nicht zu den gleichen Ergebnissen wie diese Übung führen müsse.

 

Die Simulation habe unter führenden US-Planern aber die Befürchtung aufkommen las – sen, dass es höchstwahrscheinlich unmöglich wäre, die USA aus einer eskalierenden Konfrontation (Israels) mit dem Iran herauszuhalten. Diese Erkenntnis könnte in der von Politikern geführten Debatte über die Konsequenzen eines israelischen Angriffs die Positi – on derjenigen im Weißen Haus, im Pentagon und in den Geheimdiensten stärken, die vor einem Angriff (auf den Iran) warnen, weil er sich als lebensgefährlich für die USA erweisen könnte.

 

Die Ergebnisse des Kriegsspiels waren besonders beunru- higend für General James N. Mattis, der alle US-Streitkräf- te im Mittleren Osten, am Persischen Golf und in Südwestasien befehligt; das bestätigten Offizielle, die entweder selbst an dieser Übung des CENTCOM (s.  http://de.wikipe- dia.org/wiki/United_States_Central_Command ) beteiligt waren oder über deren Ergebnisse informiert wurden und anonym bleiben wollen, weil sie zur Geheimhaltung ver- pflichtet sind. Nach der in diesem Monat beendeten Übung soll General Mattis vor seinen Mitarbeitern geäußert haben, ein israelischer Erstschlag hätte wahrscheinlich schreckliche Folgen für die ganze Region und für die dort befindlichen US-Streitkräfte.

 

Nach Aussagen informierter Kreise ging man in dem zweiwöchigen Kriegsspiel mit dem Namen “Internal Look” (Innenansicht) von der Annahme aus, die USA seien in den Konflikt (zwischen Israel und dem Iran) hineingezogen worden, weil ein US-Kriegsschiff im Persischen Golf von einer iranischen Rakete getroffen wurde, die etwa 200 US-Matrosen tötete.

Die US-Streitkräfte schlugen (in der Simulation) daraufhin mit eigenen nAngriffen auf irani – sche Atomanlagen zurück.

 

Man kam zu dem Ergebnis, dass ein israelischer Erstschlag das iranische Atomprogramm allenfalls um ein Jahr zurückwerfen könnte und auch die nachfolgenden US-Angriffe höchstens eine Verzögerung um weitere zwei Jahre bewirken würden. Andere Pentagonplaner sind jedoch der Meinung, mit den im Arsenal der USA vorhandenen Langstreckenbombern, Tankflugzeugen und Präzisionsraketen ließe sich das iranische Atomprogramm viel wirkungsvoller zerstören; allerdings müsse sich Präsident Obama dann zu einer um – fassenden Vergeltung entschließen.

 

Die Übung diente vorrangig dazu, die interne militärische Kommunikation zu überprüfen und die Kooperation der zuständigen Stäbe im Pentagon, im CENTCOM-Hauptquartier in Tampa, Florida, und vor Ort im Persischen Golf für den Fall eines israelischen Erstschlags abzusichern. Sie wurde angesetzt, weil man sich auf den drohenden Ernstfall vorbereiten will.

 

Das Ergebnis des Kriegsspiels habe die teilnehmenden Offiziere in ihrer Auffassung bestärkt, dass ein israelischer Erstschlag und der Gegenschlag des Irans unvorhersehbare und unkontrollierbare Folgen haben könnten.

 

Die Geheimdienste der USA und Israels sind sich weitgehend einig über den Fort- schritt des Irans bei der Urananreicherung. Sie haben aber unterschiedliche Mei – nungen darüber, wie lange man den Iran noch daran hindern könnte, eine Atom – bombe zu bauen, falls sich die Führung in Teheran dazu entschließen sollte.

 

Weil die Israelis immer wieder öffentlich verkünden, die Zeitspanne für die Verhinde – rung einer iranischen Atombombe werde immer kürzer, halten US-Offizielle einen is – raelischen Angriff in den nächsten 12 Monaten für möglich. Privat geben sie sogar zu, damit zu rechnen, dass Israel, falls seine Regierung beschließen sollte, die Atomanlagen des Irans anzugreifen, die USA erst spät oder überhaupt nicht vorab informieren werde.

 

In dem Kriegsspiel wurde angenommen, der Iran gehe einfach davon aus, dass Israel und die USA bei einem Angriff auf die iranischen Atomanlagen Partner seien und betrachte die US-Kriegsschiffe im Persischen Golf deshalb immer als Komplizen (der Israelis). Des halb jagten die Iraner (in dem Kriegsspiel) nicht nur die angreifenden israelischen Kampfflugzeuge, sondern beschossen auch die US-Kriegsschiffe im Persischen Golf mit Raketen; das wurde als Kriegshandlung gewertet, die einen US-Vergeltungsschlag rechtfertigte.

 

Das Stabsmanöver “Internal Look” gehört schon lange zu den wichtigsten Planungsübungen des CENTCOM und findet bis zu zweimal jährlich statt; dabei wird überprüft, ob das Hauptquartier, seine Stäbe und die Gefechtsstände vor Ort im Ernstfall zusammenwirken könnten.

 

Im Laufe der Jahre wurde die Übung “Internal Look” zur Vorbereitung auf ganz unter – schiedliche Kriege im Mittleren Osten genutzt. Nach Angaben der mit Verteidigungsfragen befassten Website http://www.globalsecurity.org/ bereiteten sich die US-Militärplaner im Kalten Kriegs damit sogar auf einen möglichen Angriff der Sowjetunion auf die Ölfelder des Irans vor. Das Pentagon plante damals, im Kriegsfall fast sechs Divisionen von der Nordküste  des  Persischen  Golfs  zum  Zagros-Gebirge  (s.  http://de.wikipedia.org/wiki/Z

%C4% 81gros-Gebirge ) im Iran marschieren zu lassen, um einen sowjetischen Angriff zu stoppen.

Im Dezember 2002 nutzte General Tommy R. Franks, der damalige Chef des CENTCOM, “Internal Look” um die Bereitschaft seiner Einheiten für die kommende Invasion des Iraks zu testen.

 

Viele Experten glauben, der Iran werde nach einem israelischen Erstschlag versuchen, eine Eskalation vor Ort zu vermeiden, um den überlegenen US-Streitkräften keinen Angriffsgrund zu liefern. Stattdessen könnte er von Helfershelfern Autobomben in westlichen Großstädten zur Explosion bringen lassen und die Aufständischen in Afghanistan mit Sprengstoffen für Anschläge auf Truppen der USA und der NATO versorgen.

 

Auch wenn dem Iran nachzuweisen sei, dass er hinter diesen Anschlägen stecke, werde die Regierung in Teheran vor der Weltöffentlichkeit jede Verantwortung dafür abstreiten.

 

Einige Militärexperten in den USA und in Israel, die mögliche Auswirkungen eines israelischen Angriffs untersucht haben, gehen davon aus, dass der Iran keinesfalls einen größeren Krieg auf seinem Territorium wünscht. Deshalb glauben sie, der Iran werde weder die US-Kriegsschiffe im Persischen Golf noch die US-Militärbasen in der Region direkt angreifen.

 

Ihre Analyse steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass sich die Entscheidungen der iranischen Führung nicht vorhersehen lassen und auch bestens vorbereitete Kriegsspiele nicht klären können, wie Staaten und und ihre Führungen in der Hitze eines Konflikts reagieren werden.

 

Trotzdem analysieren die Experten weiter, in der Hoffnung, mit ihren Vorhersagen über mögliche iranische Reaktionen den USA eine bessere Vorbereitung für den Fall eines israelischen Angriffes ermöglichen zu können.

 

In Einschätzungen des israelischen Geheimdienstes, die sich auf wissenschaftlichen Studien berufen, wird die weit verbreitete Annahme, ein Militärschlag gegen die iranischen Atomanlagen werde katastrophale Folgen haben, in Zweifel gezogen; man rechnet weder mit einem regionalen Flächenbrand, noch mit vermehrten Ter – roranschlägen oder explodierenden Ölpreisen.

 

“Ein Krieg ist kein Picknick,” hatte der (israelische) Verteidigungsminister Ehud Barak im November im israelischen Rundfunk erklärt. Wenn Israel aber zum Handeln gezwungen werde, halte er die Folgen einer iranischen Vergeltung für erträglich. Er sagte: “Es wird weder 100.000, noch 10.000 oder 1.000 Tote geben. Der Staat Israels wird auch nicht zerstört werden.” (Weitere Infos dazu sind aufzurufen unter http://ww- w.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_12/LP03212_020212.pdf .)

 

(Wir haben den Artikel, der wieder eine Musterbeisiel für die kaum kaschierte Kriegshetze der New York Times gegen den Iran ist, komplett übersetzt und Ergänzungen und Links in Klammern und Hervorhebungen versehen)

 

Quelle: Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein LP 069/12 – 25.03.12, www.luftpost-kl.de

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