Die Hysterie um den Bahnstreik: Anschlag auf das Streikrecht!

Selbst wer nie mit der Bahn fährt, dürfte in den letzten Wochen alles über den Bahnstreik der GDL erfahren haben. Wir gehen der Frage nach dem warum nach.

 

Mit 91 % Zustimmung der Lokführer begannen die GDL-Mitglieder ihren Streik gegen die Bahneigentümer für eine Lohnerhöhung. Noch wichtiger war ihnen jedoch eine Verkürzung der Arbeitswoche. Eigentlich ein ganz normaler Arbeiterkampf, wie andere auch im Kapitalismus. Schließlich ist dies das einzige Mittel der Arbeiter, ihre Löhne nicht weiter durch die Inflation auffressen zu lassen oder den Arbeitstag durch Überstunden weiter in die Länge zu ziehen. Marxistisch gesprochen geht es darum, den Arbeitslohn nicht unter den Wert der Arbeitskraft (was zum Leben gebraucht wird) fallen zu lassen.

 

Trommelfeuer der Hetze

 

Die Hetze, die die BRD-Konzernmedien gegen diesen Streik verbreiten, ist zwar eigentlich nicht ungewöhnlich, aber gerade bei diesem Streik trotzdem ganz besonders groß. Was hat es damit auf sich? Welchen Nerv haben die Streikenden bei den Ideologieproduzenten getroffen, dass sie so emotional und manipulatorisch ihre Meinung den Lesern und Zuschauern in einem gleichgeschalteten Trommelfeuer aufzwingen?

 

Im „Spiegel“ heißt es zum Beispiel:

 

Freie Fahrt am Wochenende? Daraus wird nichts: Erneut treten die Lokführer in den Streik. Personenzüge sollen ab dem frühen Samstagmorgen stillstehen – bis Montag früh. Mehrere Millionen Reisende sindbetroffen.“[i]

 

Die Münchener Abendzeitung greift gleich zum sichersten Manipulationsmittel: Kinder leiden!

Vielen Schulkindern und ihren Eltern hat der Lokführer-Streik an diesem Wochenende den Start in die Herbstferien vermasselt.[ii]

 

Ja, Ferien, arme Kinder und gestrandete Pendler, die ihren Arbeitsplatz nicht erreichen konnten. Über solche Schicksale, hörten wir in den letzten Wochen viel. Ununterbrochen auch im Fernsehen. Natürlich konnte die „Bild“ das alles überbieten:

Der Streik ist daran schuld, dass ein armes Mädchen, die mit ihrer Familie aus dem Urlaub kam und krank wurde, mit Fieber in den Armen ihres Vaters weinen sollte![iii]

Dem Arbeiter ohne Klassenbewusstsein soll eingebläut werden, dass diese Gewerkschafter egoistische Banditen sind. Lassen kleine kranke Kinder weinen, nur für ihre eigenen Ambitionen! Denn die Medien erzählen uns auch gerne, dass es gar nicht um Arbeiter, sondern nur um Selbstsucht des Gewerkschaftsvorsitzenden geht![iv]

 

Doppelstrategie der Bourgeoise

 

Mit dieser Hetze verfolgt die Bourgeoisie eine Doppelstrategie:

 

Neben der offensichtlichen Absicht, Arbeiterrechte mit der Tarifeinheit auszuhöhlen, verfolgt sie vor allem ein ideologisches Ziel: Zwietracht und Spaltung in die Arbeiterklasse zu tragen. Die Opel- oder Thyssenarbeiter sollen gegen ihre Kollegen auf der Schiene ausgespielt werden. Mit dem Aufbauschen solcher Einzelschicksale soll die Rolle der Arbeiterklasse als Kollektiv (Klasse an sich) aus den Köpfen verdrängt werden. Stattdessen sollen die Bayer- oder Amazonarbeiter sich nur als mündige Konsumenten“ der Dienstleistung Deutsche Bahn sehen. Sie sollen in den GDL Kollegen keine Arbeiter mehr sehen, die die gleichen Ziele verfolgen und ebenso die gleichen Nöte haben, wie sie selbst! Kurzum: Teile und Herrsche!

 

Das zweite Ziel ist wie bereits erwähnt das offensichtlichere. Es werden Mittel gesucht, um Arbeitskämpfe so zu begrenzen, wie sie der BRD gerade noch passen. Das besonders in Schlüsselpositionen wie der Verkehrsinfrastruktur, an der auch die gesamte übrige Industrie hängt.

 

Ein Betrieb zwei Gewerkschaften

 

Viel wurde geschimpft über den Machtkampf der Gewerkschaften. Aber wem schadet er? Den Arbeitern jedenfalls nicht, wie das Beispiel Stute Logistics zeigt. Dort konkurrierten ver.di und IG Metall um bessere Tarifabschlüsse:

„Das zeigt: Die viel gescholtene »Tarifpluralität« ist nicht nur möglich. Manchmal führt sie auch dazu, dass sich die Gewerkschaften stärker ins Zeug legen und mehr für ihre Mitglieder herausholen, wenn sie mit anderen konkurrieren müssen.“[v]

 

Der Bourgeoisie hingegen gefällt es offensichtlich überhaupt nicht, wenn eine gezähmte Gewerkschaft Konkurrenz von einer weitaus kämpferischen bekommt. So ist die Sozialpartnerschaft schließlich nicht gedacht! Die Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist die Nachfolgerin der Transnet-Gewerkschaft. Diese hatte sich auf Seiten der Arbeiterklasse komplett disqualifiziert. Sie war dem DB-Konzern ein zuverlässiger Partner beim Abbau von Arbeiterrechten im Zuge der Bahnprivatisierung[vi]. Die GDL ist dagegen die legitime Vertretung der Arbeiter bei der Deutschen Bahn, die diesen Ausverkauf und diese Klassenkooperation nicht mitträgt. Sie will solidarisch neben den Lokführern auch andere Berufsgruppen bei der DB in den Arbeitskampf mit einbeziehen.

 

Tarifeinheit

 

Deswegen soll es Mittel geben, um damit Schluss zu machen. Der Bundestag mit seiner Großen Koalition arbeitet bereits an einem Tarifeinheitsgesetz.

Sollen wir uns wundern, dass bei diesem Gesetz, das besonders gegen die Arbeiter gerichtet ist, die größte Rolle gerade der angeblichen Arbeiterpartei SPD zufällt? Es ist SPD-Arbeiterministerin Andrea Nahles, die nach ihrer Heldentat“ eines erbärmlichen Mindestlohns ihr Gesicht dafür hergibt.

 

Das alles ist keineswegs ein Zufall, sondern die Politik der SPD. So äußerte der SPD-Verkehrsexperte und SPD-Bundestagsfraktions-Vize Sören Bartol, dass die GDL „überzogene Forderungen“ habe. Zwar sei es das gute Recht jedes Eisenbahners, für seine Interessen zu streiken. Bartol meinte aber: „Die Aktionen müssen jedoch in einem angemessenen Rahmen bleiben.[vii]

 

Nach Hartz IV, Agenda 2010, Leiharbeit und Kriegseinsätzen bleibt die SPD ihrer Tradition einer seit 1914 sozialchauvinistischen[viii] Partei treu. Mit diesem Gesetz könnte sie sich auch noch in eine Reihe mit reaktionären Juristen wie H. C. Nipperdey stellen. Herr Nipperdey war nach seiner Tätigkeit als praktizierender Faschist als gewendeter Demokrat der BRD für die juristische Legitimation des Verbots der politischen Streiks verantwortlich[ix].

 

Wir als Kommunistische Initiative Deutschlands unterstützen den gerechten Kampf der Lokführer und ihrer Gewerkschaft.

 

„>>Die Versuche der DB, die Beteiligung der Zugbegleiter beim Arbeitskampf kleinzureden, führen nur zu einer noch stärkeren Solidarität, denn sie handeln aus Überzeugung. Unsere Mitglieder sind keine Marionetten, die auf Knopfdruck die Züge stehen lassen. Es geht ihnen um Überstundenbegrenzung, bessere Schichtpläne, fünf Prozent mehr Tabellenentgelt, überhaupt um verbesserte Arbeitszeitregelungen in einer für den Wettbewerb der Eisenbahnverkehrsunternehmen geeigneten Tarifstruktur.<< Die GDL hat der DB Tarifvertragsentwürfe mit genau diesen Inhalten als Forderungen vorgelegt. Weselsky: >>Wir werden dafür sorgen, dass die ständige Überlastung des Zugpersonals ein Ende hat, die Beschäftigungssicherung im gesamten Eisenbahnverkehrsmarkt funktioniert und dass der Lohn auch überall zur verantwortungsvollen Arbeit passt.<<[x]

 

Wer ist also schuld, dass Kinder weinen? Natürlich die Deutsche Bahn und andere Ausbeuter. Sie sind es, die bei ihrer Jagd nach Profit weder den Lokführern, ihren Kindern noch den Arbeitern in anderen Betrieben jemals einen gescheiten Lohn und gescheite Arbeitsbedingungen bieten können.

 

Solidarität aller Arbeiter mit den streikenden Lokführern!

Übt Solidaritätsstreiks!

 

 

 

 

[i]http://www.spiegel.de/reise/aktuell/bahn-streik-freitag-wieder-ausfaelle-a-997661.html

[ii]http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.bahn-streik-am-wochenende-streikende-lokfuehrer-keine-ruecksicht-auf-ferienverkehr.f2c32c37-ddec-470f-b993-e5df2574501f.html

[iii]http://www.bild.de/news/leserreporter/leserreporter/vater-steckt-mit-tochter-im-bahn-chaos-fest-38240442.bild.html

[iv]www.taz.de/Streit-bei-der-GDL/!148391/

[v]https://www.jungewelt.de/kapital-arbeit/beim-geld-wirds-spannend

[vi] http://www.nachdenkseiten.de/?p=23772

[vii]http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bahnstreik-konsequenzen-spd-wirft-gdl-ueberzogene-forderungen-vor/10856050-2.html

[viii]Von den kämpfenden Antifaschisten und SPD-Genossen, die in die 1946 neu gegründete SED aufgingen, einmal abgesehen.

[ix]http://www.dkp-frankfurt.de/kalender/mai/28_mai_1952.html

[x]http://www.gdl.de/

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