Deutsche Banken finanzieren Bau von Atombomben

Quelle:  http://www.heise.de/tp/artikel/36/36584/1.html

Gerhard Piper 16.03.2012

Offiziell hat Deutschland auf die Entwicklung und Produktion von Atomwaffen verzichtet. Aber dieser Atomwaffenverzicht gilt nur fürs Inland

Die EADS beteiligt sich am Bau französischer Atomwaffen und immerhin elf deutsche Banken und Versicherungen investieren in internationale Rüstungsunternehmen, die auch am Bau von Nuklearwaffen beteiligt sind. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie der Internationalen Kampagne gegen Atomwaffen.

ASMP-Lenkwaffe von EADS. Bild: David Monniaux/CC-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Frankreich (CC BY-SA 2.0)

Über Atomwaffen sind in den letzten Jahrzehnten unzählige Studien geschrieben und gelesen worden. Nun erschien ein weiteres Papier, bei dessen Veröffentlichung man sich fragt, warum zu diesem Aspekt nicht schon viel früher geforscht worden ist: Es geht um die Finanzierung der atomaren Rüstungsbetriebe durch das internationale Finanzkapital.
“Don’t Bank on the Bomb” heißt das neue Dokument, das im März 2012 von der International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN) vorgelegt wurde. Die drei Hauptautoren sind Jan Willem van Gelder, Petra Spaargaren und Tim Wright. Die Studie ist auf der Webseite der Ärzte gegen Atomkrieg verfügbar.

Bombenbauer EADS

Eigentlich sollte man meinen, die Bundesrepublik Deutschland habe mit der Atomrüstung – ausnahmsweise – mal nichts zu tun. Schließlich hatte Konrad Adenauer schon 1954 feierlich verkündet, dass Deutschland auf die Produktion eigener Atomwaffen verzichten werde, was ihn allerdings nicht davon abhielt, gleichzeitig die Ausrüstung der Bundeswehr mit amerikanischen Atomwaffen durchzusetzen.

Immerhin ist es deutschen Unternehmern bis heute offiziell verboten, sich an der Entwicklung und Produktion von deutschen Atomwaffen zu beteiligen. Dies hindert sie aber nicht daran, im Ausland Atomwaffen zu bauen. So ist die European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) in die Produktion der französischen Atomwaffen involviert.

Offiziell ist EADS ein niederländisches Unternehmen mit Hauptsitz im holländischen Leiden. Allerdings ist die Daimler Benz AG mit 22,36 % des Aktienbesitzes einer der beiden Hauptanteilseigner. Das Unternehmen produziert die Raketen M4, M45 und M51 an Bord der französischen Atom-U-Boote der Triomphant-Klasse Außerdem ist EADS am Bau des atomaren Marschflugkörpers Air-Sol Moyenne Portée-Amélioré (ASMPA) für die Jagdbomber Mirage 2000N und Rafale F3 beteiligt.

Atomare Investoren

Die deutsche Wirtschaft ist auch indirekt am Bau von Atomwaffen beteiligt, indem Banken und Versicherungen in Rüstungsunternehmen im Ausland investieren, die auch an der Produktion von Atomwaffen mitwirken. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine allgemeine Kapitalbeteiligung an diesen Unternehmen, da die ICAN-Studie die Finanzierung einzelner Atomwaffenprojekte selbst nicht aufschlüsseln kann.

Nach dem vorliegenden Dokument sind insgesamt elf Finanzhäuser in Deutschland betroffen. Interessant ist die hohe Zahl von staatlichen (Landes-)Banken; außerdem tauchen hier mehrere Finanzhäuser wieder auf, die schon in der Bankenkrise durch fragwürdige Finanztransaktionen aufgefallen waren.

Allianz: Die Allianz-Versicherung in München beteiligt sich an folgenden nuklearen Rüstungsunternehmen: Alliant Techsystems, BAE Systems, Boeing, General Dynamics, Honeywell International, Lockheed Martin, Northrop Grumman, Safran und Serco Group.

Bayerische Landesbank (München): Babcock International, BAE Systems, Boeing, EADS, Finmeccanica, Rolls-Royce und Serco Group.

Commerzbank (Frankfurt): BAE Systems, Boeing, EADS, Finmeccanica, Rolls-Royce, Safran und Thales.

DekaBank des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes in Frankfurt: EADS und Thales

Deutsche Bank AG (Frankfurt): Alliant Techsystems, BAE Systems, Boeing, EADS, Finmeccanica, GenCorp, General Dynamics, Honeywell International, Lockheed Martin, Northrop Grumman, Rolls-Royce, Safran und Thales

Deutsche Zentrale Genossenschaftsbank (DZ Bank) in Frankfurt: EADS, Finmeccanica und Thales

Hessische Landesbank (Helaba) in Frankfurt: EADS

Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurt: EADS

Landesbank Baden-Württemberg (Stuttgart): Finmeccanica

Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft (Munich Re) in München: BAE Systems

Universal-Investment-Gesellschaft (Frankfurt): Redhall Group

Hinzu kommt noch die Europäische Investitionsbank (EIB) der Europäischen Union in Luxemburg. Sie hält Investitionen bei Finmeccanica, Rolls-Royce und Safran.

Auch wer keine Atombomben baut, kann dennoch am Bau von Atombomben beteiligt sein. Hier gilt es, genauer hinzuschauen. Dies gilt insbesondere für jene “Gutmenschen”, die trotz Konjunktur-, Banken- und Eurokrise noch über genügend Eigenkapital verfügen. Wer das Geld friedenssichernd, ökologisch und sozialverträglich anlegen will, müsste hier die Spielregeln des “ethischen Investments” befolgen. Denn es sicherlich keine gute Idee, eine Lebensversicherung ausgerechnet bei einer Versicherung abzuschließen, die gleichzeitig “erfolgreich” in Atomwaffen investiert.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit.

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