Antrag des Landesverbandes Berlin der DKP an den 18. Parteitag (2. Tagung)

Auszug

Die EU – ein Pakt des Finanzkapitals

Die EU hat nichts mit einem Zusammenwachsen der Völker zu tun, und schon gar nichts mit Demokratie, Freiheit und Menschenrechten, wie es uns erzählt wird. Im Gegenteil. Sie will im verschärften kapitalistischen Konkurrenzkampf, in erster Linie mit den USA, nicht weniger als die wirtschaftsstärkste Macht der Welt werden. Wo Profite der Konzerne, Banken und Versicherungen steigen, wächst auf der anderen Seite die soziale Unsicherheit der großen Mehrheit der Menschen, stehen Massenentlassungen, Standortschließungen, Privatisierungen und gesteigerte Arbeitsintensität bei sinkenden Löhnen an.

Die EU ist das Instrument zur Optimierung der Handlungsspielräume der Banken und Konzerne, vornehmlich „Kerneuropas“, deren nationaler Aktionsrahmen zu klein geworden ist. Gestützt auf seine Rolle als Führungsmacht verfolgt das deutsche Monopolkapital erneut die alte Strategie des deutschen Imperialismus, eine aggressive wirtschaftliche, politische und militärische Expansionspolitik in Richtung Ost- und Südosteuropa und darüber hinaus bis zum Kaukasus und dem Nahen und Mittleren Osten zu betreiben. […]
Die Erweiterung der EU auf 27 und künftig noch mehr Mitgliedstaaten zielt auf die Ein- und Unterordnung der ost- und südosteuropäischen Staaten mit ihren ökonomischen Ressourcen und ihrem Arbeitskräftepotential als abhängige Peripherie. Die größten europäischen Bank- und Industriemonopole beherrschen die Produktion, die Banken, den Handel und die Medien der ost- und südosteuropäischen Länder. […]
Mit diesen Expansionsbestrebungen einher geht die Knebelung der Arbeiterbewegung, die Stärkung reaktionärer und faschistischer Kräfte und die Verleumdung der Ergebnisse des sozialistischen Aufbaus.

Der Widerstand gegen die EU wächst

Immer mehr Menschen erkennen den wahren Charakter der EU. Am Non der Franzosen und Nee der Niederländer scheiterte die EU-„Verfassung“. Die Iren lehnten ihre Neuauflage, den Lissabonvertrag, ab. Die Menschen folgten dem Aufruf, die Demokratie und ihre Souveränität sowie die Rechte der Arbeiterklasse und die öffentlichen Dienstleistungen zu verteidigen. Wie sehr die Herrschenden diese Bewegung fürchten, zeigt sich in der BRD mit der Weigerung der Bundesregierung, Volksabstimmungen zum Lissabonvertrag durchzuführen. Die Art des Zustandekommens des Vertrages macht die Forderung nach einer Volksabstimmung über den so genannten Reformvertrag zu einer demokratischen Grundsatzfrage.
Die EU beruht auf einem Vertragswerk, in dem die politischen und ökonomischen Bedingungen für die Verwirklichung der Ziele ihrer Urheber festgeschrieben sind: Militarisierung, Sozial- und Demokratieabbau sowie Privatisierungspolitik. […] Daher ist die EU nicht für fortschrittliche Bewegungen instrumentalisierbar und in eine progressive oder gar revolutionäre Richtung transformierbar, wie es auch linke Parteien und Gewerkschaftsführungen propagieren. Die Verträge müssen gekündigt werden. Doch damit ist es nicht getan. Wie wir erlebt haben, machen die Regierenden in Frankreich, den Niederlanden und Irland so weiter, als hätte es das Nein in ihren Ländern nicht gegeben. Die Einschränkung und Überwindung der Macht der reaktionärsten Teile des Finanzkapitals kann nur durch die Zerschlagung der EU gelingen. Erst der grundlegende Bruch mit den monopolkapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnissen eröffnet eine soziale, demokratische und letztlich sozialistische Perspektive für Europa. Ein Schritt dorthin heißt:

Deutschland muss raus aus der EU!

In einzelnen EU-Ländern formiert sich Widerstand. Wir meinen nicht die rechten, nationalistischen EU-Gegner. Sie stehen stets an der Seite der Bourgoisie ihres Landes, verschleiern die Klassengegensätze und können sich die Wiederherstellung der „Größe der Nation“ nur auf Kosten anderer Nationen vorstellen. Wir meinen eine Bewegung, die eine gemeinsame Front gegen die Profiteure im eigenen Land und gegen das in Europa tonangebende Kapital bildet und in diesem Sinne zutiefst internationalistisch ist. Sie umfasst schon heute beispielsweise polnische Bauern, rumänische Bergarbeiter wie beträchtliche Teile der Arbeiterklasse Griechenlands und EU-Gegner in Frankreich. In den verschieden Kampffeldern entwickelt sich auch grenzübergreifender Widerstand. So demonstrierten Arbeiter und Angestellte aus Europa gemeinsam gegen die so genannte Dienstleistungs- bzw. Bolkesteinrichtlinie, die durch Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung im Bereich der Daseinsvorsorge den größten Angriff auf den Sozialstaat darstellt. Zudem steht die Richtlinie für die Aushebelung der Tarifautonomie und des Streikrechts in Deutschland, indem sie diese dem EU-Gemeinschaftsrecht unterwirft. Europäische Hafenarbeiter erteilten der geplanten EU-Richtlinie „Port Package“ durch gemeinsame Streiks eine Absage und wehrten damit die Deregulierung ihrer Arbeitsverhältnisse ab.
Studierende demonstrierten in ganz Europa gegen den so genannten Bologna-Prozess, der die Hochschulbildung vereinheitlicht, allein an Konzerninteressen ausrichtet und durch die Spaltung wissenschaftlicher Studiengänge in Bachelor- und Masterabschlüsse selektiv insbesondere Studierende aus der Arbeiterklasse weiter aus den Hochschulen drängt.

Diese Kämpfe gegen die EU zu unterstützen, betrachten wir Kommunisten als unsere Aufgabe. […] Diese Kämpfe gegen die EU sind es, in denen der Keim für ein anderes Europa wächst – ein solidarisches, ein sozialistisches Europa, das den Schulterschluss zu anderen antiimperialistischen Kräften wie Cuba, Venezuela, Bolivien, Vietnam u. a. sucht. Die Arbeiterklasse hat ein grundsätzliches Interesse an der Vereinigung der Völker gegen die aggressiven Ziele des Imperialismus.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Die Regierenden verweisen bei sozialen Konflikten gerne auf die Verantwortlichkeiten in Brüssel. Doch die scheinbare Machtlosigkeit des eigenen Staates ist eine politisch gewollte […] Die Verträge, die die Abgabe nationaler Kompetenzen beinhalten, sowie alle wichtigen Weichenstellungen für die supranationale Herrschaftsausübung wurden und werden von kleinen elitären Zirkeln ausgearbeitet. Sie wurden und werden von den wirklich Herrschenden, von den Machteliten in den führenden Staaten, den Monopolkapitalisten, Banken und ihren politischen Parteien ausgehandelt und bei uns, wie in den anderen Ländern auch, vom Parlament abgenickt.
Wer heute dagegen erfolgreich kämpfen will, setzt am besten dort an, wo sich die politischen Hebel befinden: Dort, wo Menschen in den Betrieben arbeiten, eine Regierung unter Druck setzen und eine Öffentlichkeit für ihre Interessen mobilisieren können. Dort, wo die Arbeiterklasse die Eigentumsfrage an den wichtigsten Produktionsmittel stellen kann und damit die Macht der Monopole angreifen kann – das heißt für uns: hier in der Bundesrepublik Deutschland.

Die in den EU-Institutionen politisch verankerte Herrschaft steht einer politischen Verfasstheit im Weg, in der alle Bürger in gleichem Maße am gesellschaftlichen Leben teilhaben und über alle öffentlichen Belange souverän entscheiden können. Dazu gehören:

Volksabstimmungen zu allen wichtigen Verträgen mit anderen Staaten
die Verfügung über das öffentliche Eigentum
die Gestaltung der öffentlichen Daseinsfürsorge
Kontrollkompetenzen über den inneren Kapitalverkehr, die Gestaltung des Arbeitsrechts.

Eine in diesem Sinne souveräne Nation bildet erst die Grundlage für eine gleichberechtigte zwischenstaatliche Kooperation, die zu einem sozialistischen Europa führen kann. […]

Die EU ist gegen dich! Die EU bedeutet Sozialabbau!

Gegenwärtig führen die Regierungen aller Länder der Europäischen Union einen Generalangriff auf die in schweren Kämpfen erreichten sozialen Errungenschaften: durch Abbau und Privatisierung der Sozialversicherung und der Rentensysteme, durch Einführung von Marktgesetzen für die wesentlichen öffentlichen Dienstleistungen und Bereiche wie Gesundheit, Bildung, Kultur, für Gemeinschaftsgüter wie Wasser und andere Naturressourcen, durch Deregulierung des Arbeitsmarktes. […]

In Deutschland stehen die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze für das Verarmungsprogramm und die Entrechtung der Beschäftigten, für die Zerschlagung des Tarifsystems und Lohndumping. Das deutsche Finanzkapital ist treibende Kraft in diesem Prozess, es ist daher nicht nur eine Gefahr für die Menschen in der BRD, sondern für alle Völker Europas. […] Daraus erwächst für die deutsche Arbeiterklasse eine besondere Verantwortung im Kampf um die Verteidigung sozialer und demokratischer Rechte, weil jeder Erfolg in diesem Land unmittelbar die Kampfbedingungen der Arbeiter- und Volksbewegungen in anderen EU-Ländern verbessert.
Als Kommunisten sehen wir deshalb unsere Aufgabe darin, darüber aufzuklären, dass die Architekten der EU in Berlin und in den Chefetagen des deutschen Finanzkapitals sitzen und sich der Widerstand gegen sie richten muss. Das heißt für uns auch, aufzuklären gegen die Demagogie bürgerlicher und neofaschistischer Kräfte, die Deutschland zur „Melkkuh der EU“ erklären. So leiten sie den berechtigten Unmut der Bevölkerung gegen die EU in nationalistische und rassistische Bahnen und lenken damit vom Hauptnutznießer der EU – dem deutschen Finanzkapital – ab.
Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, das Bildungswesen den Konzerninteressen anzupassen. Die bislang weitgehend öffentlich organisierten Bildungssysteme sollen in einen einheitlich strukturierten europäischen Bildungsmarkt integriert werden. Das bedeutet in erster Linie Privatisierung. […]

Die EU ist gegen dich!
Die EU bedeutet Militarisierung!

Die EU trägt unter dem Banner Demokratie, Freiheit und Menschenrechte oder „humanitärer Hilfe“ Kriege in alle Welt. Erklärtes Ziel ist der Aufbau eines Militärapparats, der […] in allen Teilen der Welt einsatzfähig ist. Es gibt heute kaum einen geostrategisch bedeutenden Ort in der Welt, an dem die EU nicht militärisch agiert. Dabei wird verschwiegen, dass Krisensituationen, mit denen die Einsätze meist legitimiert werden, durch die imperialistischen Hauptmächte selbst geschaffen werden.
Der Lissabonvertrag beinhaltet eine Verpflichtung zur dauerhaften Aufrüstung für alle EU-Mitgliedstaaten und ermöglicht die Aufstellung eines EU-Rüstungshaushalts. Versuche, in die Aufrüstungsverpflichtung eine bindende Zielgröße von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstungsausgaben aufzunehmen, konnten bisher nicht durchgesetzt werden. Dies hätte für Deutschland eine Steigerung um etwa 30 Prozent des Rüstungshaushaltes zur Folge. Der Vertrag ermächtigt den EU-Rat zudem – unter dem Deckmantel des so genannten Antiterrorkampfes – zu weltweiten Militärinterventionen auch ohne UN-Mandat.

Die EU ist gegen dich!
Die EU bedeutet Demokratieabbau!

Der Generalangriff auf die sozialen Rechte der Mehrheit der Menschen wird von dem Ausbau totalitärer Sicherheitssysteme begleitet. Überwachung und Repression sollen jeden Widerstand im Keim ersticken. Zur Legitimierung der Aushebelung von demokratischen Grundrechten wird die Gefahr des „islamistischen Terrors“ heraufbeschworen. Neofaschisten werden nicht bekämpft, sondern als Stichwortgeber genutzt und als letzte Reserve gehalten.
Auf der EU-Agenda stehen u. a. die grenzüberschreitende Polizeiarbeit (Europol), der Datenabgleich von DNA-Analysen und Fingerabdrücken zwischen den Mitgliedsstaaten und ein europäisches Fahndungssystem. Auf der sogenannten EU-Terrorliste befinden sich viele linke Organisationen wie die Kurdische Arbeiterpartei PKK oder die baskische Untergrundorganisation ETA. Die Politik der EU wendet sich gegen alle Organisationen, die sich gegen Ausbeutung, Unterdrückung und die Vorbereitung neuer Kriege wenden und für die der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte ist. Sozialistische und kommunistische Organisationen werden zunehmend kriminalisiert. […] In diesem Zusammenhang steht auch das Verbot des tschechischen kommunistischen Jugendverbandes KSM. Die Erinnerungen an die Traditionen des antifaschistischen Kampfes und des sozialistischen Aufbaus sollen beseitigt werden. Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist stets Antreiber bei der Perfektionierung der repressiven EU-Sicherheitspolitik – nicht zuletzt durch seine Forderung nach einem Bundeswehreinsatz im Innern. […]

Die EU-Außengrenzen werden durch die militärische Grenzschutzagentur Frontex vor dem selbstgeschaffenen Flüchtingsstrom gesichert. Mindestens 10 000 Menschen starben in den vergangenen zehn Jahren bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren. Im „EU-Pakt zu Asyl und Zuwanderung“ wird die tödliche Abschottungspolitik festgeschrieben. Nur wirtschaftlich verwertbare Migranten sollen zeitlich begrenzt in die Mitgliedsstaaten gelassen werden. Flüchtlinge, denen es dennoch gelingt, die Grenzen Europas zu überwinden, wird durch Sondergesetze ein Leben in Würde versagt.

Für eine Volksabstimmung über den Lissabonvertrag!
Für ein linkes und antimonopolistisches
NEIN zur EU-Mitgliedschaft Deutschlands!

Wählt DKP!
Eine Stimme für die DKP ist eine Stimme gegen die EU!

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