Admiral will freie Hand für den Einsatz von Elitetruppen haben

Von Eric Schmitt, Mark Mazzetti und Thom Shanker

The New York Times, 12.02.12

(http://www.nytimes.com/2012/02/13/us/admiral-pushes-for-freer-hand-in-specialforces.html )

WASHINGTON – Da sich die USA zunehmend auf Special Operations Forces (die unter

einem gemeinsamen Oberkommando stehenden US-Spezialeinheiten der Army,

der Air Force, der Navy und des Marine Corps) verlassen wollen,

(weitere Informationen

dazu s. http://de.wikipedia.org/wiki/United_States_Special_Operations_Command und

http://topics.nytimes.com/top/reference/timestopics/organizations/s/united_states_special_

operations_command/index.html?inline=nyt- org ), um heraufziehenden Bedrohungen

auf der ganzen Welt besser begegnen zu können, hat der Kommandeur dieser USSpezialkräfte,

der auch die Navy Seals befehligte, die Osama bin Laden getötet haben

(sollen, s. http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_11/LP07811_060511.pdf ), die

Befugnis gefordert, seine Truppen schneller und außerhalb des vom Pentagon festgelegten

Genehmigungsverfahrens weltweit einsetzten zu können.

Admiral William H. McRaven, der Chef des Special Operations

Command / SOCOM, möchte, dass seine Eliteeinheiten,

die bisher bei der Durchsetzung der US-Außenpolitik eher

im Dunkeln operiert haben, künftig eine noch größere Rolle

spielen. Er will unabhängiger darüber entscheiden können,

wie und wo er seine Truppen mit ihrer Kampfausrüstung positioniert,

damit sie schneller dort eingesetzt werden können,

wo sie nach Geheimdienst-Erkenntnissen oder wegen

globaler Entwicklungen am dringendsten gebraucht werden.

Special Operations Forces sollen künftig auch da eingreifen können,

wo sie im letzten Jahrzehnt eher weniger präsent waren –

in Asien, Afrika und Lateinamerika.

Präsident Obama und die Führung des Pentagons haben die Special Operations

Forces zu ihrem bevorzugten militärischen Werkzeug gemacht; bisher waren ähnliche

Vorhaben immer am Widerstand der Regionalkommandos (s. http://www.luftpost-kl.de/luftpost-

archiv/LP_09/LP27209_071209.pdf ) und des US-Außenministeriums gescheitert. Die

Chefs der Regionalkommandos wollten die Einschränkung ihrer Befehlsgewalt verhindern,

und einige Botschafter in Krisengebieten haben (zu Recht) befürchtet, dass durch Kommandounternehmen

die Souveränität der Gastländer verletzt und die Beziehungen zu diesen

Ländern beeinträchtigt würden, wie das bei der Aktion gegen Osama bin Laden in Pakistan

geschehen ist. (Weitere Infos dazu sind aufzurufen unter http://www.luftpostkl.

de/luftpost-archiv/LP_11/LP08711_240511.pdf .)

Nach Aussagen von Vertretern der US-Regierung, der Streitkräfte und des Kongresses

hat das SOCOM in einer hinter den Kulissen laufenden Beeinflussungskampagne für die

Durchsetzung seiner Forderung geworben. Mitarbeiter der Regierung und des Pentagons

bestätigten, dass in dem neuen Haushaltsplan des Pentagons die Ausgaben

aller Teilstreitkräfte gekürzt werden, während das Special Operations Command mit

einer Erhöhung seines Budgets rechnen kann; über die von Admiral McRaven geforderte

Ausweitung seiner Machtbefugnisse sei aber noch nicht entschieden worden.

Das Weiße Haus und das US-Außenministerium wollten sich am Sonntag nicht zu den

Vorschlägen (des Admirals) äußern.

Nach Angaben von Pentagon-Mitarbeitern, Offizieren und zivilen Kontraktfirmen, denen

die Vorschläge bekannt sind, sollen sie ein neues Modell zur Kriegsführung in

einer Zeit liefern, in der das Budget des Pentagons und die Anzahl der zur Verfügung

stehenden Soldaten schrumpfen und die öffentliche Zustimmung zu großen

Kriegen und langen Besatzungszeiten schwindet. Sie bestanden auf der Wahrung

ihrer Anonymität, weil noch keine Entscheidungen gefallen seien.

Nach dem neuen Konzept würde eine bedeutende Anzahl von Soldaten der Special

Operations Forces – im Gespräch sind 12.000 – über die ganze Welt verteilt werden.

Aus einem Teil dieser Kräfte sollen auf Abruf bereitstehende Kommandotrupps gebildet

werden, die Jagd auf Terroristen machen oder zur Befreiung von Geiseln eingesetzt

werden sollen; die übrigen sollen Kontakte (zu Spezialkräften der Verbündeten)

pflegen, mit ihnen gemeinsam trainieren und dabei Informationen sammeln, damit

das Special Operations Command heraufziehende Sicherheitsrisiken für die

USA besser vorhersagen kann.

Offizielle betonten, dass die Special Operations Forces in fast allen Fällen nur auf Anforderung

der zuständigen Vier-Sterne-Regionalkommandeure eingesetzt werden sollen.

“Es ist wirklich nicht beabsichtigt, dem SOCOM jetzt die alleinige Zuständigkeit für

den globalen Krieg gegen den Terrorismus zu übertragen,” erklärte Admiral McRaven

letzte Woche in einem kurzen Interview zu den Aufgaben des Special Operations

Command. “Ich denke nicht, dass wir dazu überhaupt in der Lage wären. Die

Kommandeure der Regionalkommandos sollen nur besser unterstützt werden.”

Im letzten Jahrzehnt fanden mehr als 80 Prozent der Einsätze der Special Operations

Forces der USA im Mittleren Osten statt. Da die konventionellen US-Truppen vollständig

aus dem Irak abgezogen sind, fordert Admiral McRaven die Befugnis, seine Kommandotrupps

auch wieder in Regionen einsetzten zu dürfen, aus denen sie abgezogen wurden,

weil sie in den Kriegen nach den Anschlägen am 11.09. 2001 anderswo eingesetzt waren.

Admiral McRaven will sogar noch mehr: Er möchte seine Einheiten sofort an potenziellen

Krisenherden einsetzen können, ohne das vom Pentagon für Auslandseinsätze

vorgeschriebene Standard-Genehmigungsverfahren durchlaufen zu müssen.

Normalerweise erfolgt der Einsatz von US-Truppen im Ausland auf Anforderung des

zuständigen Regionalkommandeurs und muss – nach Billigung durch den US-Generalstab

– vom US-Verteidigungsminister genehmigt werden, nimmt also – und das

ist beabsichtigt – einige Zeit in Anspruch.

Die veränderter Bedrohungslage für die USA spricht für die Pläne des Admirals McRaven.

Nachdem die Special Operations Forces im letzten Jahrzehnt vor allem im Mittleren Osten

und in Südwestasien eingesetzt waren, möchten jetzt auch die Befehlshaber der anderen

Regionalkommandos wieder mehr von diesen Einheiten profitieren.

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Vertreter des US-Außenministeriums äußerten, sie seien noch nicht über die neuen

Vorschläge informiert worden. In der Vergangenheit haben sich einige US-Botschafter

in Krisenregionen gegen verstärkte Einsätze von Spezialkräften ausgesprochen

und gefordert, vorab über alle geplanten Einsätze informiert zu werden.

Führende Kommandeure der Special Operations Forces versicherten, ihre Einsätze

in anderen Ländern mit den jeweils zuständigen US-Botschaftern absprechen zu

wollen. Diese Offiziere betonten, sie würden auch mit erweiterten Befugnissen –

wann immer möglich – mit den einheimischen Sicherheitskräften zusammenarbeiten.

Ausgenommen wären nur Einsätze, bei denen die lokalen Behörden außer Stande

oder nicht bereit seien, mit autorisierten US-Kommandotrupps zu kooperieren,

oder wenn keine lokalen Behörden existierten, an die man sich wenden könne.

Die Pläne des Admirals McRaven haben auch innerhalb der Special Operations

Forces Besorgnis hervorgerufen. Höhere Offiziere meldeten bei zwei Pentagon-Beratern

Bedenken gegen eine zu breite Streuung der Spezialkräfte an. Sie befürchten,

dass die Special Operations Forces – die weniger als 2 Prozent der US-Streitkräfte

ausmachen – überfordert wären, wenn sie ständig als “weltweite Feuerwehr” eingesetzt

würden.

“Wir sind zwar besorgt,” sagte ein höherer Offizier der Spezialkräfte, der schon mehrere

Kommando-Einsätze im Ausland mitgemacht hat. “Wir denken aber, dass wir das schaffen

können.”

Die rund 66.000 Personen – Soldaten und zivile Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums

– die dem SOCOM unterstehen, haben sich seit 2001 etwa verdoppelt. Das

Jahresbudget des SOCOM ist von 4,2 Milliarden Dollar im Jahr 2001 inflationsbereinigt

bis heute auf 10,5 Milliarden Dollar angestiegen.

In den vergangenen zehn Jahren haben die US-Spezialkräfte an Kämpfen, Übungsund

Ausbildungseinsätzen und anderen partnerschaftlichen Begegnungen in mehr

als 70 Staaten teilgenommen. Seit der Invasion des Iraks im Jahr 2003 hat das U.S.

SOCOM täglich mehr als 12.000 US-Soldaten im Ausland eingesetzt, vier Fünftel davon

im Mittleren Osten und in den angrenzenden Regionen.

Gerade weil das Pentagon seine konventionellen Truppen stärker auf den asiatisch-pazifischen

Raum konzentrieren und in Europa reduzieren möchte, will das SOCOM ständig mit

12.000 Soldaten auf der ganzen Welt präsent bleiben; dabei sollen seine Soldaten, die

den Irak verlassen haben, auf andere Weltregionen verteilt werden, in denen sie in der

vergangenen Dekade nicht eingesetzt wurden.

Mit seiner Forderung, die Soldaten seines Kommandos in eine Global SOF Alliance

(ein globales Bündnis der Spezialkräfte) einbringen zu können, möchte Admiral

McRaven die in jedem Einsatzgebiet vorhandenen, unter dem Kommando des dafür

zuständigen Offiziers stehenden Spezialkräfte (bei Bedarf) durch von ihm zur Verfügung

gestellte weitere Soldaten verstärken. Mit schnell in Krisenregionen entsandten

zusätzlichen Spezialkräften könnten die USA rascher auf unterschiedlichste Bedrohungen

reagieren.

Nach den gegenwärtig geltenden Richtlinien kann das SOCOM nur bei ganz bestimmten

Operationen eigene Entscheidungen treffen und hat das auch nur selten

getan; an der laufenden Diskussion Beteiligte meinen, das werde auch so bleiben.

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“Der Admiral will nur die Reaktionszeit für globale Einsätze verkürzen,” sagte ein ehemaliger

Offizier, der in die Pläne eingeweiht wurde. “Wenn Ihr Netzwerk nicht elastisch ist,

kann es sich nicht schnell genug auf den Feind einstellen.”

(Wir haben den besorgniserregenden Artikel komplett übersetzt und mit Ergänzungen und

Links in Klammern und Hervorhebungen versehen. Mit den erweiterten Befugnissen, die

Admiral McRaven fordert, würde das U.S. SOCOM mit seinen weltweit operierenden Killerkommandos

zum idealen Instrument für die Inszenierung von Militärputschen – nicht

nur in “Failed States”, sondern auch in “abtrünnigen” verbündeten Staaten und in den

USA selbst. Der skrupellose US-Admiral, der selbst entscheiden möchte, wen er wann

und wo umbringen lässt, könnte auch für Obama selbst oder jeden anderen US-Präsidenten

zur Gefahr werden, den die eigentlich herrschenden Kreise der USA loswerden wollen)

 

Quelle und Übersetzung: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_12/LP04712_200212.pdf, www.luftpost-kl.de,

VISDP: Wolfgang Jung, Assenmacherstr. 28, 67659 Kaiserslautern

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