Verfassungsbeschwerde: Gedenkstätten-Abriss in Ziegenhals gestoppt?
Freundeskreis klagt Denkmalschutz in Brandenburg ein.
Durch Dr. Friedrich Wolff, Barbara Erdmann und Kerstin Rist, Anwälte der Rechtsanwaltssozietät Dr. Wolff und Partner, wurden zwei Verfassungsbeschwerden und ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung gegen einen Abriss der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals eingereicht. Das bedeutet zum Einen, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollen, um die Ziegenhalser Gedenkstätte zu erhalten und es geht dabei zum Anderen, um nichts geringeres als die Verteidigung des Denkmalschutzes im Land Brandenburg und um den Erhalt eines Kulturerbes.
Eine Woche nach dem 31. Januar 1933, also bereits in der Illegalität, traf sich das ZK der KPD in Ziegenhals, um Maßnahmen zum Sturz der Nazi-Herrschaft zu beraten. Daher wurde hier vor ca. 60 Jahren eine Gedenkstätte errichtet. Diese befindet auf dem authentischen Ort, wo der nachweislich frühste antifaschistische Widerstand in Deutschland seinen Anfang nahm. Das möblierte Tagungszimmer ist im Original erhalten geblieben – außer den Wänden und der Decke. Das Boot “Charlotte”, mit dem einige Tagungsteilnehmer fliehen konnten, blieb ebenfalls erhalten. Mit dem berühmten Arbeiter und Politiker Ernst Thälmann und den zahlreichen Landtags- und Reichstagsabgeordneten trafen sich hier Menschen von Format –die meisten von ihnen wurden in deutschen Konzentrationslagern und Kerkern von den Nazis ermordet und mussten ihre Entschlossenheit mit dem Leben bezahlen.
Diesen Menschen eine Gedenkstätte zu erhalten, was läge ferner?
Aber stattdessen: Privatisierung, Abrissgenehmigung, Missachtung von Denkmalschutz und öffentlichem Zugang, Verwahrlosung und wiederholte Schändungen.
Das Jahr 2009 war dabei für die antifaschistische Gedenkstätte in Ziegenhals ein äußerst negatives Jahr: alle Hürden, die einem “legalen” Abriss noch im Wege standen, wurden beseitig und konkrete Abrissvorbereitungen, durch Entfernen der Ausstellungsstücke und anderer denkmalgeschützten Teile, getroffen. So bedrohlich war die Situation für die Existenz der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte noch nie! Seit Sommer 2009 könnten jeden Tag die Bagger anrollen, um einen wichtigen Ort authentischer Geschichte zu vernichten.
Das Jahr 2010 dagegen könnte gar nicht besser anfangen. Der Zuspruch, den wir erhalten, wird immer größer. Aus dem Ausland, aus der ganzen Republik – Menschen verschiedenster Herkunft, politischer Anschauung und Alter unterstützen unsere internationale Protestkampagne gegen einen Abriss mit ihrer Unterschrift. Hunderte Solidaritätsschreiben wurden an uns, Protestbriefe und Aufrufe an die Verantwortlichen versandt.
Zeitungsartikel (BILD, MAZ, MOZ, Berliner Zeitung, Berl. Morgenpost, u.a.), Leserbriefe, Radio- (Deutschlandradio), Fernsehbeiträge (rbb, kw-TV) und Reportagen – die Öffentlichkeit nimmt so viel Anteil am Geschehen in Ziegenhals, wie noch selten zuvor.
Und auch wir blieben nicht passiv: Demonstrationen und Kundgebungen, Kunst und Kultur, Offene Briefe, Aufrufe und Flugblätter, sowie unser viel beachteter “Protestzug – von Ziegenhals nach Potsdam!”, sollten unser einziges Vereinsziel verdeutlichen: Schutz und Erhalt der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte.
Zudem konnten wir uns, sicher auch durch unsere Aktivitäten, durch Neueintritte verjüngen!
All das in Betracht ziehend, starten wir optimistisch, mit vielen weiteren Ideen und Aktionsformen in das Jahr unseres 20-jährigen Bestehens.
Mit den beiden Verfassungsbeschwerden, die wir am Donnerstag, den 28.1.2010, um 12 Uhr in der Anwaltskanzlei von Dr. Wolff und Partner (Torstr. 49, 10119 Berlin) vorstellen wollen, hoffen wir, diesem historischen Mahn- und Lernort wieder zu seinem Recht verhelfen.