Rechtsbeugung im Amtsgericht Dresden abgewendet.

Gegner des Großen Zapfenstreiches der Bundeswehr mit antimilitaristischer Protestgrafik freigesprochen!

Am Montag, dem 14. Dezember 2009, fand die am 6. Juli 2009 begonnene und abgebrochene Haupt-verhandlung gegen den Antimilitaristen Jörg Eichler (Student) ihre Fortsetzung. Verhandelt wurde die Anklage „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ (§ 86 a StGB).
Jörg E. hatte auf einer website einen Aufkleber zur Mobilisierung von Protesten gegen das militaristi-sche Bundeswehrspektakel am 12. Oktober 2006 auf dem Dresdner Altmarkt veröffentlicht, der ver-schiedene Soldatenhelme zeigte, die mit militaristischen Traditionen verbunden waren; darunter ein Helm mit der Rune der Waffen-SS als Verweis auf die Zeit schlimmster Machtausübung des deut-schen Militarismus, in deren Tradition sich die Bundeswehr mit der Abhaltung solcher Militärrituale stellt.
Die Folgen: Acht BeamtInnen des LKA durchsuchten fast vier Stunden die Wohnung des für die Inter-net-Domain Verantwortlichen Jörg E.. Sämtliche Rechentechnik wurde per Spiegelung der Festplatten beschlagnahmt. Gefunden wurde nichts.
Am 30. Mai 2007 erhob die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage, obwohl seit 15.03.2007 die Ent-scheidung des BGH zum Sachverhalt des durchgestrichenen Hakenkreuzes bekannt war. Der BGH hatte noch einmal klargestellt, dass das Verwenden derartiger Kennzeichen nicht strafbar sei, wenn der Inhalt der Darstellung „in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt“ (§ 86 a Abs. 3). Jörg E. und sein Anwalt belegten juristisch – politisch offensiv und überzeugend die antimilitaristische und antifaschistische Aussage der website und verteidigten ihre eindeutige politische Haltung gegen den deutschen Milita-rismus und Faschismus. Sie bestanden darauf, dass die Anwendung der Norm des § 86 a sich am Schutzzweck orientieren muß.
Das beeindruckte aber nicht die Staatsanwältin. Unbelastet von Geschichtskenntnis beharrte sie auf der Strafbarkeit des Handelns von Jörg Eichler und beantragte schließlich eine Geldstrafe. Das bedeutet angesichts der überzeugenden Beweislage, dass sie vorsätzlich (?!) zur Straftat der Rechtsbeugung (§ 339 StGB) anstiftete. Dem folgte die Richterin Fahlberg nicht. Das Urteil lautete: Freispruch!!!
Die Plätze für Prozessbeobachter im Saal 159 des Amtsgerichtes waren von Antifaschisten und Kriegsgegnern besetzt. Die Richterin hatte nach der Erfahrung mit der Solidaritätsbekundung vom 6. Juli nur 33 Plätze zugelassen und auffallend zahlreich Polizei und uniformierte Justiz postieren lassen. Die Prozessbeobachter mussten sich in einer Sicherheitsschleuse entwürdigenden Überprüfungen und Leibesvisitationen unterziehen.
Wer das alles erlebte, erfuhr eine umfassende juristische und politische Schulung über den deutschen Rechtsstaat der Gegenwart und wird desillusioniert. Auch wenn sich die Richterin durch ihr Urteil und die Urteilsbegründung selbst ehrte, sind die im Vorfeld des Urteils erfahrenen repressiven Maßnahmen nicht zu übersehen, die in der Wirkung darauf abzielten, Kriegsgegner einzuschüchtern – in diesem wie in immer wieder erfahrenen Beispielen! Der erste Verhandlungstag war just zum gleichen Datum angesetzt, an dem die Kanzlerin die ersten Tapferkeitsorden an deutsche Afghanistan – Söldner verlieh.
Daher bleibt tätige Solidarität mit Kriegsgegnern und Antifaschisten, die politischer Strafverfolgung ausgesetzt sind, Anliegen unserer Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung e. V.

Gerd Hommel, Prozeßbeobachter,

GRH, Territoriale Arbeitsgruppe Dresden / Vorsitzender

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