Palästinensischer Hungerstreiker in israelischer Haft dem Tode nahe

Medizinischer Bericht warnt israelisches Gericht, dass sich Khader Adnan nach 62 Tagen Hungerstreik gegen seine Inhaftierung ohne Verfahren in akuter Gefahr befindet.

 

Ein palästinensischer politischer Gefangener, der auch am 62. Tag seines Hungerstreiks an sein Bett in einem israelischen Krankenhaus gekettet ist, schwebt in akuter Lebensgefahr, so ein ärztlicher Bericht, der beim Obersten Gerichtshof in Israel eingereicht wurde. Der Bericht war ein vergeblicher Versuch, seine Freilassung zu erreichen.

 

Khader Adnan, 33, ein Bäcker aus einem Dorf in der Nähe von Jenin, wird von Israel ohne Anklage festgehalten, und soll für weitere vier Monate in sogenannter „Administrativhaft“ bleiben. Am 18. Dezember, dem Tag nach seiner Verhaftung, trat er in einen Hungerstreik.

 

Adnans Anwälte haben beim Obersten Gericht in Israel einen Antrag auf Haftentlassung gestellt, aber bis jetzt wurde kein Termin für eine Anhörung angesetzt. Die Situation sei von extremer Dringlichkeit, so Anwalt Mahmoud Kassandra gegenüber dem Guardian: „Das ist die letzte Chance. Die medizinischen Berichte sagen, er könne jeden Augenblick sterben. Wir hoffen, dass dieser Antrag Erfolg hat, aber ich bin nicht optimistisch.“

 

Mit seinem Hungerstreik protestiert Adnan gegen seine Inhaftierung ohne Anklage und ohne dass er erfuhr, welche Beweise angeblich gegen ihn vorliegen sowie gegen die Misshandlung und Erniedrigung in der Haft, von denen er berichtet. Berichten zufolge ist dies bereits das neunte Mal, das er interniert wurde. In der Vergangenheit hatte er als Sprecher für die Widerstandbewegung Islamischer Jihad fungiert.

 

Er wurde am vergangenen Mittwoch im Rebecca Ziv Krankenhaus in Safed von einem Mitglied der Organisation Ärzte für Menschenrechte untersucht. Er war dabei mit beiden Beinen und einem Arm ans Bett gekettet, berichtete der Arzt.

 

„Er hat 30kg an Gewicht verloren und wiegt nun nur noch 60kg. Er leidet an Magenkrämpfen, zum Teil blutigem Erbrechen und Kopfschmerzen. Er ist insgesamt sehr schwach und blass, seine Zunge ist weich, sein Zahnfleich blutet, er leidet an trockener Haut, Haarausfall und Muskelschwund. Sein Puls ist schwach, sein Blutdruck liegt bei 100/75. Er ist ständig an einen Herzfrequenzmesser angeschlossen.“

 

Adnan erklärte sich einverstanden, eine Infusion aus Flüssigkeit, Salzen, Glucose und Vitaminen zu erhalten, so der Arzt weiter. „Er weigert sich allerdings weiterhin, seinen Hungerstreik abzubrechen.“ Er war klar und bei vollem Bewusstsein.

 

Er sei „in akuter Lebensgefahr”, so die Einschätzung des Mediziners. „Ein totaler Hungerstreik der länger als 50 Tage dauert, führt zu Muskelabbau und der Ansammlung von Giftstoffen im Körper. Der Tod kann plötzlich eintreten, durch Herzversagen oder durch eine Infektion in Folge eines Zusammenbruches des Immunsystems. Auch Blutungen des Verdauungstraktes, Niereninsuffizienz und Leberversagen sind möglich.“

 

„Bei über 70 Tagen ist ein Überleben nicht mehr möglich. Infusionen mit Flüssigkeiten, Salzen, Glucose und Vitaminen können die Folgen eines so ausgedehnten Hungerstreiks nicht mehr kompensieren.“

 

Adnans Frau Randa, seine zwei kleinen Töchter und seinem Vater wurde erlaubt, ihn zu besuchen, seine Mutter, seine Schwester und sein Bruder allerdings erhielten keine Erlaubnis.

 

“Randa sagte mir, er sei sehr dünn und sein Gesundheitszustand habe sich stark verschlechtert, aber sein Geisteszustand sei gut“, erklärte seine Schwester Mali im Haus der Familie in Arrada. „Aber wir alle machen uns Sorgen, und Randa weiß nicht, ob sie ihn noch einmal sehen wird.“

 

Adnans ältere Tochter, die ebenfalls Maali heißt, ist fast vier Jahre alt, und sie versteht, dass ihr Vater sehr krank ist und machte sich Gedanken, ob sie ihn umarmen dürfe, erzählt ihre Tante. „Sie sagte ihrer Mutter ‚bitte hör auf zu weinen’.“ Die jüngere Tochter, Bissan, ist erst 18 Monate alt und Randa ist im sechsten Monat schwanger mit ihrem dritten Kind.

 

Nach dem Besuch sprach Adnans Vater zu den Teilnehmern einer Solidaritätsdemonstration für Khader vor dem Krankenhaus. Er sagte, die Moral seines Sohnes sei ungebrochen. „Er tut das alles nicht für sich, er sehnt sich nach Freiheit für sein Volk, damit es mit erhobenem Kopf leben kann, frei von der Besatzung“, erklärte Jihad Adnan der Menge.

 

Tausende von Palästinensern und andere Unterstützer Adnans demonstrierten im Westjordanland, in Gaza und vor dem Ofer-Gefängnis bei Jerusalem. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Tränengas und Gummigeschosse abfeuerte.

 

Laut der palästinensischen Gefangenenhilfeorganisation Addameer haben Gefangene in anderen Gefängnissen ebenfalls begonnen, die Nahrung zu verweigern.

 

Viele Demonstranten sagen, Adnan sei zum Symbol für die Behandlung von Gefangenen unter der israelischen Besatzung. Über 300 Palästinenser werden in sogenannter „Administrativhaft“ in israelischen Gefängnissen festgehalten.

 

Die palästinensische Autonomiebehörde hat sich für Adnans Freilassung eingesetzt. Ärzte für Menschenrechte forderte am Donnerstag mit Verweis auf die schlechte Verfassung des Gefangenen Israels Präsidenten Shimon Peres auf, einzugreifen.

 

Anfang der Woche hatte ein israelisches Militärgericht einen Antrag auf Haftentlassung zurückgewiesen. Die israelische Gefängnisaufsicht gab an, Adnans Behandlung sei in Übereinstimmung mit „seinem Status als Hochsicherheits-Administrativgefangener“ und mit menschenrechtlichen Erwägungen.

 

Adnans Hungerstreik hat auf Twitter und Facebook große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Viele seiner Unterstützer beschweren sich darüber, dass sein Fall von Mainstream-Medien totgeschwiegen wird. Es gibt kaum Berichterstattung in der israelischen Presse.

 

Bobby Sands, der Irisch-Republikanische Gefangene der 1981 in einem Gefängnis im besetzten Norden Irlands im Hungerstreik starb, überlebte 66 Tage ohne Nahrung. Dem britischen Ärzteverband zu folge tritt der Tod in der Regel zwischen dem 55 und dem 75 Tag ein.

 

Der Artikel wurde von Harriet Sherwood, Korrespondentin in Jerusalem, verfasst und erschien zunächst am 16. Februar 2012 in englischer Sprache in der englischen Tageszeitung The Guardian. Für die deutschsprachige Übersetzung wurde der Text von der Redaktion leicht editiert.

 

 

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