So stärkt sich die European Left
Wie die Euro-Linkspartei nach einer Sitzung ihres Exekutivausschusses in Genf bekannt gibt, hat sie sich durch die Aufnahme neuer Mitglieder gestärkt. Eines davon ist die Partei der Kommunisten von Weißrussland (Party of the Belorussian Communists). Es handelt sich um ein kleines Oppositionsgrüppchen gegen die regierende Kommunistische Partei von Belarus. Von dieser Splittergruppe ist nicht viel bekannt. Man weiss, dass ihr Parteichef Sergey Kalyakin letztes Jahr nach Washington gewallfahrtet ist, wo er sich mit Mitgliedern beider Kammern und mit Vertretern der Administration und von Nichtregierungsorganisationen traf, um zu besprechen, wie die USA die Prozesse in Belarus beeinflussen könnten. Solange man nichts Gewisses über diese Gruppe weiß, wird man sie wohl für einen Ableger westlicher Geheimdienste und Sponsoren halten müssen.
Der Beschluss der EL zur Aufnahme der oppositionellen Splittergruppe als Mitgliedspartei bedeutet eine offene Provokation des belarussischen Volkes und der belarussischen Arbeiterklasse, deren kommunistische Partei an der Regierungsmacht ist.
Aber diese Episode ist kein Einzelfall, sondern erklärt sich aus der Natur selbst der EL. Die Euro-Linke ist alles andere als eine Internationale; sie einigt die Arbeiterklassen nicht, sondern spaltet sie (a) in jedem einzelnen Land; und spaltet sie (b) in zwei potenzielle Kriegslager. Es ist eine Art “Zimmerwald der Entente-Sozialisten” oder “Zimmerwald der Mittelmächte”, kurz: eine imperialistische Vereinigung.
Die selbst ernannte Partei der Europäischen Linken (European Left) springt wie ein Feudalherr mit den einzelnen Ländern um. Bei der Gründung stellte Parteichef Bertinotti die Kommunisten in einem Land vor die Wahl: entweder Ihr übernehmt die Rolle meines Vasallen, oder ich vergebe das Land zum Lehen an die nächstbeste Konkurrenz. Sie will zentral und für Mitgliedsparteien verbindliche Positionen festlegen. In Portugal oder Griechenland, wo sich die Kommunisten dem nicht unterworfen haben, nahm die EL solche Parteigebilde wie den Bloco de Esquerda oder die heutige Syriza zum Mitglied, die sich aus sozialdemokratischen, anarchistischen, trotzkistischen, maoistischen Elementen und dissidenten KP-Mitgliedern zusammensetzen, welche vor allem durch eine Gemeinsamkeit miteinander verbunden sind, nämlich ihren verbissenen Kampf gegen die Kommunistische Partei, den Kampf des kleinbürgerlichen Individualismus gegen proletarischen Demokratismus, Disziplin und Organisation.
Der Gründungsprozess 2004 der EL wurde einseitig und von Bertinotti diktiert. Wie er vorging, zeigt das Beispiel der Debatte über die ersten Sätze der Präambel der EL-Statuten:, wo von “stalinistischen Praktiken und Verbrechen” die Rede ist. Die tschechischen Genossen wollten den schillernden Begriff “stalinistisch”, der bekanntlich jeden beliebigen antikommunistischen Inhalt transportieren kann, streichen. Sie schlugen vor, das zu Kritisierende stattdessen in Sachbegriffe zu fassen (undemokratisch, bürokratisch usw.). Zudem wiesen die Tschechen Bertinotti darauf hin, dass ihr Land zu denen gehört, die 1944/45 Monat für Monat eins ums andere von der Roten Armee befreit wurden, und dass diese Armee unter Stalins Oberkommando kämpfte. Bertinotti ließ nicht mit sich diskutieren. Take it or leave it. Wer nicht will, soll draußen bleiben.
Zudem bedroht die Euro-Linkspartei die einzelnen nationalen Parteien mit dem Mittel der Individualmitgliedschaft. Übrigens ist schon seit Monaten in der Schweiz ein Versuch im Gang, eine Linkspartei nach deutschem Muster ins Leben zu rufen. Dahinter stecken dieselben Elemente, die vor Jahren dasselbe Projekt unter dem Namen “A Gauche Toute” betrieben haben und damit kläglich gescheitert sind. Ausgewechselt wurde nur das Vorbild. Früher war es die Rifondazione Bertinottis. Daran erinnert man sich ungern, darum dient vorderhand die deutsche Linke als Vorbild. Dieses Grüppchen wird – schon im Bemühen um diplomatische Anerkennung oder Legitimation; um sich selbst ernster nehmen zu können – seine neue Linkspartei der EL gerne als Schweizer Sektion neben der PdA anbieten bzw. in die Lücke springen, falls die PdA Schweiz sich endlich zu einem Austritt aus der EL durchringt.
Es ist nichts neues, dass sich die Bourgeoisie intensiv in die Kommunistischen Parteien einmischt und dass gewisse sozialistische oder kommunistische Parteien von der Bourgeoisie selbst aus der Taufe gehoben wurden. Das ist wohlbekannt für die 1973 in Deutschland mit deutschem Geld gegründete Portugiesische Sozialistische Partei von Mário Soares. Kurze Zeit später bewilligte ein Geheimausschuss des deutschen Bundestages Millionengelder zur Stützung von “demokratischen” Parteien in Südeuropa. In den gleichen Budgetposten sind die damaligen Mittel zur Korruption der italienischen und spanischen KP zu rechnen. Heute lässt sich die Bourgeoisie auch nicht lumpen, wenn es darum geht, linken Parteien den marxistischen Giftzahn zu ziehen. Die EU subventioniert Parteien, welche sich dem Projekt der Europäischen Integration unter ihrer Führung verschreiben. Auch die EL hängt an Brüssels Futtertrögen und wird durch die entsprechenden Auflagen konditioniert.
Die regierende Kommunistische Partei von Belarus war vor zwei Jahren Gastgeberin des Internationalen Treffens von Kommunistischen und Arbeiterparteien. Schade dass die Partei der Arbeit der Schweiz (PdA) dort nicht teilgenommen hat. Eine der vielen verpassten Gelegenheiten war die Gelegenheit, die weißrussischen Kommunisten kennen zu lernen und Beziehungen herzustellen, so dass man sich heute über die oben erwähnte Splittergruppe erkundigen könnte.
Es wäre an der Zeit, dass sich die PdA von der Euro-Linkspartei zurückzieht, und die Kontakte mit den Kommunistischen und Arbeiterparteien Europas und der Welt intensiviert. Eine positive Bilanz der Mitgliedschaft in der EL lässt sich nirgends erkennen, und das Zentralkomitee hat bisher erfolglos eine Rechenschaft von der Parteileitung gefordert. Seit zweieinhalb Jahren wird in dieser Frage immer wieder aufgeschoben, auf Zeit gespielt und herumgewurstelt. Nach der Parteikonferenz vom Juni, wo die PdA ihre Gegnerschaft zur EU bestätigte, nach dem Rückzug der ungarischen Genossen aus der EL, der auch in Kreisen der PdA begrüßt wurde, sollte nun die erneute antikommunistische Provokation aus Genf endlich zum Anlass genommen werden, dass einmal auf den Tisch geklopft wird, und dass den Worten Taten folgen, die den Bruch mit der spalterischen EL besiegeln.
Anmerkung:
Auf der von der DKP zur aktuellen Berichterstattung eingerichteten Homepage www.kommunisten.eu heißt es zu dieser Entwicklung wörtlich:
„Europäische Linkspartei wächst weiter
28.10.09: Der Vorstand der Partei der Europäischen Linken traf sich am vergangenen Wochenende zu seiner regulären Beratung in Genf. Gastgebende Mitgliedspartei war die Schweizer Partei der Arbeit.
Der Vorstand verständigte sich zu Fragen der aktuellen Entwicklung in der Europäischen Union und den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise für die in Europa lebenden Menschen.
Die EL bestätigte ihre Bereitschaft, gemeinsam und solidarisch mit den Kräften der Zivilgesellschaft in Europa konkrete Fortschritte für ein sozial gerechtes, friedliches und ökologisches Europa zu erzielen.
Der Vorstand verabschiedete das EL-Arbeitsprogramm für 2010 und berief den 3. Kongress der EL für Dezember 2010 ein. Aufgabe des Kongresses wird es sein, den politischen Kurs der kommenden Jahre zu setzen. Auf dem Treffen wurden weitere Parteien in die EL aufgenommen:
Der finnische Linksbund, die Kommunistische Partei Finnlands (bisher EL-Partei mit Beobachterstatus), die Arbeitspartei 2006 aus Ungarn und die Partei der Belarussischen Kommunisten (Oppositionspartei in Belarus). Die Neue Zypernpartei wurde Beobachterpartei. Die EL hat somit jetzt 23 Mitgliedsparteien und 11 Beobachterparteien, darunter die DKP.“