Die Wurzeln des deutschen Imperialismus

global-tradeMit dem Übergang zum Imperialismus hat der Kapitalismus seine höchste Entwicklungsstufe erreicht. Der Widerspruch zwischen der reaktionären Politik einer kleinen Gruppe von Finanzkapitalisten und den Lebensinteressen der Völker fordert gebieterisch die Beseitigung der imperialistischen Herrschaft. Die revolutionären Kräfte erkennen, daß allein eine sozialistische Revolution diesen Widerspruch lösen kann. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging die Arbeiterklasse dazu über, im ökonomischen und politischen Kampf den Massenstreik anzuwenden. Die Herausbildung des Imperialismus erfordert von den Arbeiterparteien, sich für die neuen Bedingungen des Klassenkampfes organisatorisch und ideologisch zu wappnen. Notwendig ist die Beseitigung der opportunistischen Einflüsse sogenannter linker Parteien. Eine Arbeiterpartei muß – wenn sie Erfolg haben will – auf dem Boden des Marxismus-Leninismus stehen und ihn weiterentwickeln, den proletarischen Internationalismus festigen und eine straff organisierte revolutionäre Kampforganisatuin bilden. Eine solche revolutionäre Partei entstand zuerst in Rußland unter der Führung von W.I. Lenin und später J.W. Stalin. Daran kann man sich ein Beispiel nehmen. Im folgenden nun einige Merkmale, die den deutschen Imperialismus von Anbeginn seiner Entstehung charakterisieren.

Die Entstehung des Imperialismus in Deutschland

a) Monopolverbände entstehen
Das sprunghafte Anwachsen der deutschen Industrie nach 1871 war von Großbetriebe der Herausbildung riesiger kapitalistischer Betriebe begleitet. Die Großbetriebe, die in den siebziger und achtziger Jahren viele Klein- und Mittelbetriebe im Konkurrenzkampf ruiniert und aufgekauft hatten, entwickelten sich zu Riesenunternehmen mit Zehntausenden von Arbeitern. Das trifft besonders für die Schwerindustrie zu. So beschäftigte die Firma des Kanonenkönigs Krupp in Essen im Jahre 1861 etwa 2.000 Arbeiter; 35 Jahre später beutete Krupp in seinen Werken 45.000 Menschen aus. Im Jahre 1882 waren in Deutschland 41 Prozent aller Arbeiter in Großbetrieben tätig, 1907 dagegen schon 63 Prozent. Die Großbetriebe verfügten um 1914 über 75 Prozent der gesamten Dampf- und Elektrizitätskraft (Energie). Sie besaßen entscheidende Bedeutung für die Wirtschaft. In diesen Riesenunternehmen ballte sich ein erheblicher Teil der Produktion zusammen. In der Erzverhüttung gab es beispielsweise fast nur noch Großbetriebe.

Die Zahl der Kapitalisten nahm ab, aber der Reichtum, an Produktionsmitteln in den Händen der großen der Produktion Kapitalisten vermehrte sich ständig. Den einzelnen und den Gruppen dieser Großkapitalisten gehörten viel mehr und viel größere Fabriken als früher. Das nennt man die Konzentration der Produktion.

Immer häufiger begannen sich Großindustrielle eines Industriezweiges zu vereinigen. Diese Vereinigungen führten einen heftigen Kampf gegen alle Konkurrenten. Sie strebten nach der Errichtung eines Monopols, das heißt Monopolverbiinde nach der Alleinherrschaft in ihrem Industriezweig. Sie wollten unter Ausschaltung der freien Konkurrenz die Preise bestimmen, die Absatzmärkte beherrschen und unumschränkt über die Rohstoffe verfügen. Ihr Streben war darauf gerichtet, Höchstprofite zu erzielen. Eine zu solchem Zweck geschlossene Vereinigung ist ein Monopolverband. Im Jahre 1893 gründeten reiche rheinisch-westfälische Bergwerksunternehmer einen solchen mächtigen Monopolverband, das Rheinisch- Westfälische Kohlensyndikat. Elf Jahre später beherrschte er 98 Prozent der Kohlenförderung an Rhein und Ruhr bzw. 54 Prozent der gesamten Kohlenförderung. Deutschlands. Die Monopolkapitalisten des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats konnten jetzt die Kohlenpreise diktieren. Einen anderen mächtigen Monopolverband bildeten im Jahre 1904 in Düsseldorf die Großkapitalisten von 31 westdeutschen Hüttenwerken. Das war der Stahlwerksverband. Die Kanonenfirma Krupp entwickelte sich zu einem Monopolverband, der die Rüstungsindustrie beherrschte. Das Monopol in der elektrotechnischen Industrie teilten sich die Allgemeine-Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) und die Siemens-Schuckert-Werke.

Im Jahre 1905 gab es in Deutschland 385 Monopolverbände, die 12.000 der größten kapitalistischen Betriebe vereinigten. Der Kapitalismus der freien Konkurrenz war in Deutschland nach 1890 zum Monopolkapitalismus geworden.

b) Die Herrschaft der Finanzkapitalisten
Die Großindustriellen benötigten viel Betriebskapital und Kredite. Das erhöhte den Einfluß der Großbanken auf die Industrie. Sie gewährten den großen Industrieunternehmen nicht nur finanzielle Hilfe, sondern ihre Direktoren traten auch in deren Leitungen ein. Aber auch Großindustrielle wurden in die Leitungen der Großbanken aufgenommen. Das Industriekapital und das Bankkapital verflochten sich eng miteinander. Wenige hundert Finanzkapitalisten (so nennt man die Herren des verflochtenen Bank- und Industriekapitals) bestimmten über die entscheidenden Teile der deutschen Wirtschaft und damit auch über die deutsche Innen- und Außenpolitik. Die Regierungsstellen unternahmen nichts, was die Monopole nicht billigten, und alles, was sie wünschten.

Die deutschen Finanzkapitalisten forderten neue Märkte, rohstoffreiche Gebiete, Kolonien. Durch die Ausbeutung der Werktätigen im eigenen Lande und fremder Länder und sogar durch Kriege suchten sie sich einen maximalen Profit zu sichern. Wegen ihres unerhörten Ausdehnungs- und Eroberungsdranges nach fremden Ländern nennt man die Monopolkapitalisten auch Imperialisten. Der Monopolkapitalismus heißt auch Imperialismus.

c) Der deutsche Imperialismus entwickelt sich auf der Grundlage des preußisch-deutschen Militärstaates
Im deutschen Kaiserreich bekleideten die Junker alle wichtigen Staatsämter. Im Heere gehörte der größte Teil der Offiziere dem Adel an. Der preußische König, der größte Junker seines Staates, war deutscher Kaiser geworden. Preußen hatte im Deutschen Reiche die Führung. Der preußische Junkerstaat aber hatte jahrhundertelang einzig und allein nach Festigung und Ausdehnung der Hausmacht der Hohenzollern gestrebt und einen Raubkrieg nach dem anderen geführt. Preußen war das Land der Kasernenhöfe. Der preußische Militarismus bildete das willkommene Instrument der deutschen Monopole, das ihnen bei der Unterdrückung der Arbeiterklasse und bei der Erreichung ihrer Eroberungspläne helfen sollte. Diese Pläne entsprachen aber auch den Zielen der Junker, die neuen Großgrundbesitz rauben wollten. Die Junkeroffiziere hofften, sich im Kriege bereichern zu können und rascher befördert zu werden. So hatten die Monopolkapitalisten und Junker, die deutschen Imperialisten, gemeinsame Interessen.

Die Junker verachteten die Werktätigen und waren auch gegenüber anderen Völkern maßlos überheblich. Sie forderten von den breiten Volksmassen absolute Unterwerfung, blinden Gehorsam und völlige Knechtseligkeit. Durch ihren Beamten- und Polizeiapparat ließen sie jede freie Regung verbieten und verfolgen. So drohte Kaiser Wilhelm II.: „Wo die Garde auftritt, da gibt es keine Demokratie.“ Er wiederholte damit die Gedanken seines Großvaters, der schon im Jahre 1848 erklärte: „Gegen Demokraten helfen nur Soldaten.“ Diese antidemokratische Einstellung paßte den Imperialisten; sie sahen in dem preußisch-deutschen Militärstaat die geeignetste Form ihrer politischen Herrschaft.

d) Die Erziehung zum Untertan
Der Deutsche sollte ein braver Untertan sein und seinen Vorgesetzten unbedingt gehorchen. Diesem Zweck diente schon die Erziehung in den Schulen. Nach einer Anordnung Wilhelms II. von 1889 sollte der Unterricht der Fürsten- und Kriegsverherrlichung dienen, ebenso der Heeres- und Flottenpropaganda und der Bekämpfung sozialistischer Ideen. Um die Schulentlassenen zu beeinflussen, gründete man militärische ]ugendverbände, zum Beispiel den Jungdeutschlandbund. Die zwanzigjährigen Männer wurden in den Kasernen zu blindem Gehorsam erzogen. Wilhelm II. sagte 1891 bei einer Rekrutenvereidigung in Potsdam: „Ihr habt mir Treue geschworen, d.h., ihr seid jetzt meine Soldaten … Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkommen, daß ich euch befehle, eure eigenen Verwandten, Brüder, ja Eltern niederzuschießen. Aber auch dann müßt ihr meinen Befehl ohne Murren befolgen.“ Nach dem Heeresdienst setzten Militärvereine diese „Erziehung“ fort. Bürgerliche Zeitungen und Zeitschriften, zum allergrößten Teil von der Schwerindustrie bezahlt, und eine Flut kaisertreuer Schriften beeinflußten die Bevölkerung im gleichen Sinne. Nach Meinung der herrschenden Klasse im wilhelminischen Deutschland fing der Mensch erst beim Leutnant an.

Es waren fast nur die Mitglieder der Arbeiterorganisationen, unter diesen besonders die Arbeiterjugend, die sich gegen eine Herabwürdigung zu Untertanen wehrten.

e) Die Gegensätze zwischen den deutschen, englischen und russischen Imperialisten (heute vor allem auch zw. deutschem und USA-Imperialismus!!! N.G.)
Die russischen und englischen Imperialisten fühlten sich durch die deutschen Pläne bedroht. Die zaristische Regierung war nicht damit einverstanden, daß die benachbarte Türkei in steigendem Maße von Deutschland abhängig wurde. Sie befürchtete nach Fertigstellung der Bahn einen deutschen Angriff auf die transkaukasischen Gebiete Rußlands. Sie erhob auch Einspruch, als 1913 deutsche Offiziere die entscheidenden Stellen im türkischen Heere besetzen sollten, das schon lange nach preußischem Muster organisiert und ausgebildet wurde. Die britischen Imperialisten sahen durch das Sichfestsetzen der Deutschen in der Türkei ihre Herrschaft über den Suezkanal und damit ihren Seeweg nach Indien bedroht, weil die deutschen Imperialisten sich offensichtlich mittels der Bagdadbahn einen Landweg nach Persien und Indien schufen. Sie rechneten damit, daß die deutschen Imperialisten sich auch dort festsetzen könnten. So vertiefte der Bau der Bagdadbahn die Gegensätze zwischen Deutschland und Rußland sowie zwischen Deutschland und England.

Die imperialistische Außenpolitik Deutschlands war volksfeindlich, abenteuerlieh und räuberisch. Sie führte das deutsche Volk in die Katastrophe eines Krieges. Die imperialistischen Eroberungspläne waren den Interessen der werktätigen Massen völlig entgegengesetzt. Deshalb hetzte Wilhelm II. den Reichskanzler von Bülow auf: „Erst die Sozialisten abschießen, köpfen und unschädlich machen, wenn nötig per (durch ein) Blutbad, und dann Krieg nach außen!“ So war schon damals die imperialistische Raubpolitik nach außen mit dem Terror gegen die fortschrittlichen Kräfte und in erster Linie gegen die klassenbewußte Arbeiterschaft im eigenen Lande untrennbar verbunden.

Quelle:
Lehrbuch für den Geschichtsunterricht, 7. Schuljahr, Ausgabe 1952, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1955, S.285-294. (Ausschnitt)

(Quelle: https://sascha313.wordpress.com/2015/07/13/die-wurzeln-des-deutschen-imperialismus/)

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