Die Situation in der Ost-Ukraine

Boris Kagarlitsky, Direktor des Instituts für Globalisierung und soziale Bewegungen, Autor linker Bücher[1] meinte treffend:

„Nichts spricht so viel über den Klassencharakter der Gegensätze in der Ukraine, wie die zwei Menschenmengen, die sich am 7. April in Charkow gegenüber standen. Auf einer Seite stand unter staatlichen gelb-blauen Fahnen die gut bekleidete und gepflegt aussehende Mittelschicht, die Intellektuellen, die Studenten. Auf der anderen waren die arm und schlecht bekleideten Menschen unter roten und russischen Fahnen versammelt – die Arbeiter und die Jugend aus Arbeitervierteln…

…Noch gestern hatten sie kein Interesse an Politik. Aber heute können sie sich nicht mehr raus halten. Sie sind ernsthaft verärgert. Sie gingen auf die Straße. Sie machen die erste Schritte, um eigene kollektive Interessen zu verteidigen… Genau das ist Klassenkampf.

… Man kann noch nicht über das Klassenbewusstsein reden. Sein Niveau ist umgekehrt proportional zu der Menge der russischen Fahnen in den Protesthänden. Aber selbst in der kurzen Deklaration der Donezk-Republik erklingen die Worte über kollektives Eigentum, Gleichberechtigung und gemeinschaftlichen Interessen.

Die Fahne der Arbeiter ist rot. So gab es und so wird es geben… Wir können noch nicht über Klassenbewusstsein sprechen, aber der Klassenkampf ist bereits Realität.“

Ukrainische Arbeiter und Antifaschisten demonstrieren mit ihren eigenen Fahnen

Die Auseinandersetzung in der Ukraine ist in eine neue Phase gekommen. Die Ost-Ukraine, wo die ukrainische Industrie und die Kohlenbergwerke konzentriert sind und der größte Teil der russischsprachigen Bevölkerung wohnt, ist gegen die neue faschistisch-liberale Regierung aufgestanden.

In Donezk, Lugansk, Charkow, Mykolajiw sind die tausende Menschen auf die Straße gegangen. Die Selbstorganisation des Volkes ist stark. Die Menschen besetzen Staatsgebäuden, verschaffen sich Waffen und halten sie fest. Sie erhalten breite Unterstützung von der Stadtbevölkerung. Viele Betriebe im Osten streiken.

In Donezk wurde gestern durch die Volksversammlung die unabhängige Donezk-Republik ausgerufen.

Die Polizei ist unentschieden. Einerseits bleibt sie ein Instrument der Staatsrepression und wirkte in einigen Städten auf Befehlen aus Kiew stark gegen die Protestierenden. Gleichzeitig sind einige Polizisten aber auch nicht begeistert von der neuen Regierung, weil ihre Kollegen gerade ohne Beweise für die Toten auf dem Maidan verantwortlich erklärt und verurteilt wurden. Weil die faschistische Banden im Land die Oberhand haben, darf die Polizei nichts unternehmen. In Donezk und Lugansk war die Polizei eindeutig auf der Seite der Aufständischen.

Kiew entsandte eigene Truppen, die „Nationale Garde“ (faschistische Formierung des „Rechten Sektors“) und regierungstreue Polizei-Einheiten, um diesen Widerstand zu unterdrücken. So wurden gestern in Charkow gut 70 Menschen verhaftet. Dabei wurden sie brutal geschlagen und weggebracht, so dass keiner mehr etwas über ihre Schicksal äußern kann. Übrigens waren alle 70 ukrainische Bürger, Charkow-Einwohner, also kein einziger russischer Agent, wie uns die bürgerliche und ukrainische Presse erzählt!

Der Kampf geht weiter, Nichts ist entschieden. Noch gestern hatten diese Menschen die Geduld, die Oligarchen und die kapitalistische Ausbeutung zu ertragen. Aber heute will die faschistische Regierung ihre letzten Grundrechte rauben, ihnen die eigene Sprache verbieten, ihre Denkmäler zerstören, ihre Helden bespucken und den Kult der Kollaborateure und SS-Bataillons einführen. Über die ukrainischen „Ossis“ wird in der Presse der „freien“ Ukraine sehr missbilligend und missachtend in den BRD-Medien gesprochen – sie sind ja für die ukrainischen Faschisten nur minderwertige Untermenschen; genauso wie die eigentlichen Russen.

So etwas können die Arbeiter nicht mehr ertragen, sie wehren sich.

Selbstverständlich wird von den bürgerlichen Medien erklärt, dass dieser Aufstand ausschließlich von verdeckten russischen Agenten gestiftet sei. Es gibt aber auch Berichte von Aufständischen: Gegen sie kämpfen englischsprachige, professionelle Soldaten! Es wurde festgestellt, dass die amerikanische private „Armee“ involviert ist. Die Firma Greystone, ein Teil des Söldner-Monopols Academi (früher Blackwater, später Xe Services), das bereits in den Kriegen in Irak, Afghanistan und vielen anderen Länder teilgenommen hat. Die Firma Greystone stellt jedem gut ausgebildete und bewaffnete Soldaten zur Verfügung. Es existieren mehrere Berichte, dass diese Söldner in Donezk und anderen Städten gesehen wurden und sie vermutlich die Unterdrückung des Aufstandes koordinieren.

Englisch sprechende Soldaten koordinieren die reaktionären Polizeieinsätze

Heute ist das Militär aus Kiew nach Donezk und Lugansk verschoben worden. Es rollen die Panzer, die Kampfmaschinen, die gut bewaffneten Militäreinheiten. Es kann schon heute Nacht, jederzeit, ein blutiger Bürgerkrieg ausbrechen!

Wir sprechen unsere Solidarität mit den kämpfenden antifaschistischen Kräften, den Arbeitern der Ost-Ukraine sowie Antifaschisten der West-Ukraine aus. Wir sind an ihrer Seite! Wir sind auf der Seite der ukrainischen Kommunisten und Antifaschisten, die sich im Moment im harten Klassenkampf gegen Faschismus und Krieg befinden.

 

[1]     http://borotba.org/boris_kagarliczkij-_flag_rabochego_soprotivleniya_krasnyij.html

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