Die jüngste Meisterleistung der Klassenjustiz

Niedrige Löhne, befristete Arbeitsverträge, wachsender Arbeitsdruck und schlechte Bedingungen – was kann man dagegen tun? In der objektiven Notwendigkeit der Arbeiterklasse ist die Antwort klar: Streiks sind das einzige wirksame Mittel, um sich gegen die Angriffe des Kapitals auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse zu verteidigen.

Aber die Möglichkeiten dafür sind in BRD schon lange stark begrenzt. Es existiert zwar ein Streikrecht, das von der Arbeiterbewegung erkämpft und zähneknirschend von der Bourgeoisie akzeptiert wurde, aber selbst das wird immer weiter beschnitten.

 

Vor kurzem hat eine Berliner Klinik der Helios-Gruppe gegen einen Betriebsrat geklagt und den Prozess vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt gewonnen. Der Betriebsrat hat nämlich den Streikaufruf als Anlage in einer betrieblichen E-Mail an die Beschäftigten verschickt. Das durfte er nicht.

 

Wie erklärt das hohe bürgerliche Gericht diese Entscheidung? Die bürgerliche Journaille etwa im „Spiegel“ schreibt: „Arbeitgebern ist nicht zuzumuten, wenn die von ihnen zur Verfügung gestellten Sachmittel zum Streikaufruf gegen sie genutzt werden.“

(http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bag-verbietet-betriebsraeten-streik-aufruf-per-dienst-mail-a-928039.html)

 

Welch kluge Erkenntnis der Klassenjustiz: Der an Produktionsmitteln eigentumslose Proletarier darf sich nicht am “heiligen, unantastbaren Eigentum” der Bourgeoisie vergehen, selbst virtuell nicht.

 

Der „Arbeitgeber“ (eigentlich nur der Arbeitsplatzgeber; in diesem Fall der medizinische Konzern Helios) erzielt Riesenprofite aus den Krankenversicherungsgelder, indem er seinen Angestellten in seiner Klinik nur einen Bruchteil von der geleisteten Arbeit bezahlt und sich den Rest als Mehrprodukt unbezahlteinsteckt. Hier ist der Irrtum des bürgerlichen Gerichts: der Konzern stellt nicht die „Sachmittel zu Verfügung“, sondern nutzt diese Sachmittel inklusive PC-System und betrieblichen E-Mails aus, um damit seine „Arbeitnehmer“ effektiv ausbeuten zu können, etwa durch Monitoring und Rationalisierung durch Maschinen.

 

Ein großes Verbrechen sei es im bürgerlichen Staate hingegen, wenn die Ausgebeuteten in ihrem Kampf um mehr Rechte es wagen, diese Mittel der Ausbeutung ausnahmsweise einmal gegen den Herrn des Hauses zu benutzen.

 

Dieses Eigentumsrecht der Bourgeoisie bei der Unterdrückung der Arbeiterklasse wird konsequent von den bürgerlichen Gerichten und Medien geschützt, gerechtfertigt und mittels der bürgerlichen Staatsmacht für heilig erklärt.

 

Dieser Klassenjustiz wäre auch zuzutrauen, dass sie eines schönen Tages die Demonstrationen der Arbeiterklasse zum 1. Mai mit der Begründung verbietet, dass die Arbeiter die Straßen dieses bürgerlichen Staates nicht gegen ihn verwenden dürften, das Proletariat die Straßen zuerst kaufen müsse.

 

Dieses Urteil beweist einmal mehr, dass die bürgerliche Justiz nur ein Instrument der herrschenden Kapitalistenklasse zur Durchsetzung ihrer Rechte und Schutz ihres legalen Raubes ist.

 

//