Zu Katyn: Pressekonferenz über die Fälschungen im Russischen Staatsarchiv: Auf den Dokumenten der Allunions-KP (B) waren keine Stempel der KPdSU
Am 18. Juni 2010 fand in der Staatsduma der Russischen Föderation eine Pressekonferenz mit dem Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der KPRF S.N. Reschulskij und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Komitees der Staatsduma für Gesetzgebung und staatlichen Bau W.I. Iljuchin statt.
Wir erinnern daran, daß Wiktor Iljuchin die Arbeitsgruppe der Fraktion der KPRF zur Untersuchung der Umstände sogenannten „Katyner Sache“ in der Staatsduma leitet. Zu dieser Kommission gehören unabhängige Forscher, Wissenschaftler und ehemalige Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft. Die Kommission hat eine umfangreiche Arbeit geleistet, deren vorläufige Ergebnisse am 19. April an dem von der Fraktion der KPRF organisierten „Runden Tisch“ in der Staatsduma vorgestellt wurde. Im Ergebnis der Untersuchungen wurde der Dokumentarfilm „Das Polnische Kreuz Rußlands“ produziert, den man auf der Website der KPRF anschauen kann. Wie Sergej Nikolajewitsch Reschulskij darlegte, streben die Abgeordneten eine erneute parlamentarische Untersuchung zu den jetzt vorliegenden Tatsachen an.
Die Teilnehmer des „Runden Tisches“ kamen zu dem Schluß, daß die früher von der russischen Staatsanwaltschaft geleitete Untersuchung der „Katyner Sache“ voreingenommen war, und die Schlußfolgerungen der Generalstaatsanwaltschaft folglich nicht den Tatsachen entsprechen. W.I. Iljuchin äußerte sich empört über die „unverschämte“ antirussische Version, welche seinerzeit von dem nicht unbekannten Goebbels eingeführt worden war, daß angeblich sowjetische Tschekisten die polnischen Kriegsgefangenen erschossen haben sollen, und nicht die deutschen Faschisten.
Die Expertise bewies (und diese Tatsache verneint auch die polnische Seite nicht), daß die polnischen Kriegsgefangenen mit deutschen Waffen und deutschen Geschossen erschossen wurden. Die Hände der Gefallenen waren nicht Hanfschur gefesselt, wie das zu jener Zeit in der UdSSR üblich war, sondern mit Papierschnur, die in Deutschland hergestellt wurde. Die Leichen trugen warme Kleidung, obwohl nach der Version Goebbels und der modernen Sowjetfeinde, die Mitarbeiter des NKWD die Erschießung angeblich im Mai 1940 vornahmen. Deshalb ist unsere Version wahrscheinlicher, daß die Deutschen die Erschießungen im Spätherbst 1941 durchführten. Der Ort der Erschießung in der Nähe einer Autostraße und eines Pionierlagers ist deshalb zweifelhaft, daß im friedlichen Jahr 1940 dort begonnen werden sollte, Massenerschießungen zu veranstalten. Zu verschiedener Zeit wurden aus den Gräbern etwa 6.000 Leichen exhumiert, doch die polnische Seite hält uns für schuldig am Tod von 21.700 Personen. Doch wo sind die übrigen Leichen?
Die Antisowjetisten verweisen auf eine Notiz Berijas Politbüro des ZK der Allunions-KP (B), wo er vorschlägt, die obengenannte Anzahl polnischer Kriegsgefangener zu erschießen. Aber Schriftexpertise hat ergeben, daß diese Notiz aus irgendeinem Grunde auf verschiedenen Schreibmaschinen hergestellt wurde, und daß zu jener Zeit diese Schriftführung nicht zugelassen war. Auf dem Beschluß des Politbüros gibt es weder eine Unterschrift noch ein Siegel. Noch etwas, aus irgendeinem Grunde befindet sich auf dem Auszug aus dem Beschluß das Siegel der KPdSU (das Staatsarchiv machte dieses Dokument vor kurzem nach einem Hinweis D. Medwedjews bekannt).
Nach Aussagen W.I. Iljuchins gibt es einen Zeugen, der behauptet, daß Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts im Apparat B. Jelzins eine spezielle Gruppe geschaffen wurde, die sich mit der massenhaften Fälschung von Dokumenten beschäftigte und sich in den ehemaligen Wochenendhäusern der KPdSU in der Siedlung Nagornyj aufhielt. Daß es diese Gruppe möglicherweise noch heute gibt, schloß der kommunistische Abgeordnete nicht aus.
„In 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts erinnerte das Staatsarchiv an einen großen Flohmarkt“, sagte W.I. Iljuchin. Insbesondere wurde bekannt, daß im Gefolge von Jelzin von dem antisowjetischen Wendehals D. Wolkogonow aus dem Geheimen Staatsarchiv Hunderte von Dokumenten in die Kongreßbibliothek der USA entführt wurden. Schon jetzt ist bewiesen, daß die Belege, nach denen J.W. Stalin angeblich ein Agent der zaristischen Ochrana gewesen sei, das sogenannte Testament W.I. Lenins sowie die Dokumente, die mit dem Verzicht Nikolais II. verbunden sind, in dieser Zeit gefälscht wurden.
W. Iljuchin stellte die rhetorische Frage: „Wem kann man in unseren Archiven noch glauben?“ und zog daraus die Schlußfolgerung, daß man auf staatlicher Ebene eine Untersuchung dieser Tatsachen im Rahmen eines Straftatbestandes einleiten muß, wobei alle Materialien dem Gericht zu übergeben seien, das dann einen endgültigen Beschluß zu fassen habe.
Die auf der Pressekonferenz anwesenden Vertreter der polnischen Massenmedien und der antisowjetischen russischen Organisation „Memorial” gerieten darüber buchstäblich aus dem Häuschen. Sie versuchten erfolglos, den Kommunisten mit ihren Fragen in die Sackgasse zu führen, was ihnen jedoch nicht gelang. Am meisten interessierten sich die Antisowjetisten dafür, warum auf der Pressekonferenzen nicht der Zeuge vorgestellt wurde, welcher über die geheime Gruppe in der Siedlung Nagornyj berichtet hatte. „Wir fürchten für sein Leben“, antwortete W.I. Iljuchin. „Der Zeuge wird der Untersuchung vorgestellt, sobald sie auf staatlicher Ebene durchgeführt wird.“ Wiktor Iljuchin sagte auch, daß auf die Teilnehmer seiner unabhängigen Kommission Druck ausgeübt werde und ihnen offiziell vorgeschlagen worden sei, sich von diesen oder jenen Anträgen loszusagen.
Was die Position der russischen Staatsmacht betrifft, eine Schuld der ehemaligen sowjetischen Führung für die Erschießung der polnischen Kriegsgefangenen anzuerkennen, nannte Wiktor Iljuchin sie „unpatriotisch“, weil sie mit den Interessen des Landes zuwiderlaufe.
„Das polnische Volk ist ein stolzes Volk, das niemals vor jemandem etwas zu bereuen hat,“ sagte W.I. Iljuchin. „Doch es sollte die in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts in polnischer Gefangenschaft umgekommenen Rotarmisten eingestehen. Nach unseren Einschätzungen kamen damals etwa 120.000 Rotarmisten in die polnische Gefangenschaft, von denen etwa 80.000 – 85.000 gefoltert wurden und starben.“
Nach der Pressekonferenz wurden den Journalisten die gefälschten Abdrücke, die Blanko-Formulare aus den 30er-40er Jahren, sowie die echten Petschaften und Stempel, die für die Herstellung der Fälschungen verwendet wurden, zur Begutachtung vorgestellt. Dies alles hatte der betreffende Zeuge aus der Siedlung Nagornyj, welcher unerkannt zu bleiben wünschte, der unabhängigen Kommission zur Verfügung gestellt. Er übergab einen ganzen Band hergestellter falscher Dokumente, darunter der Dokumente über eine angebliche Zusammenarbeit des NKWD mit der Gestapo. Wie die Expertise belegte, steht auf der Unterschrift Müllers ein gefälschter Stempel, und die Unterschrift Berijas ist gefälscht.
Leider haben die offiziellen Massenmedien, in erster Linie die großen Fernsehanstalten, die Taktik des Verschweigens der Ergebnisse der Untersuchung, die von der unabhängigen Kommission unter Leitung W.I. Iljuchin geleitet wurde, fortgesetzt, obwohl es unumstößlich ist, daß die von ihr bekannt gemachte Information sensationell ist. Leider sind das die Spielregeln, nach denen die sogenannte „unabhängige bürgerliche Presse“ verfährt.
Text: Alexej Bragin (KPRF)
Quelle: kprf.ru (18.06.2010)