Medienkrieg – Lügen und Wahrheiten über Syrien

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von Thierry Meyssan

Seit acht Monaten schüren die westlichen Führungen und gewisse öffentliche Medien Propaganda für einen Krieg in Syrien. Die Anklagen extremsten Gewichtes, die sie gegen Bachar el-Assad vorbringen, erschrecken jene, die sich Fragen über die guten Gründe einer neuen militärischen Intervention stellen. Alle? Nein, weil mit Hilfe des Netzwerk Voltaire, einige hierher gekommen sind, um das Ausmaß der NATO-Propaganda zu überprüfen. Thierry Meyssan zieht die Bilanz des Medien Kriegszustandes.

Voltaire Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 29. November 2011

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Unter der Schirmherrschaft Frankreichs in Paris gebildet, beabsichtigt der syrische Nationalrat das Regime von Präsident Bachar el-Assad zu stürzen. Sein Präsident ist Burhan Ghalioun, Soziologieprofessor der Universität der Sorbonne. (hier mit Alain Juppé am 23. November 2011).

Im Jahre 1999, während des Krieges im Kosovo, entrüstete sich Netzwerk Voltaire, dass Frankreich in diesen Konflikt auf Seiten der NATO, ohne eine Abstimmung im Nationalrat, mit der passiven Komplizenschaft der Parlamentsgruppenpräsidenten, eintreten könnte. Wir vermuteten, dass die Weigerung des Präsidenten der Republik und des Premierministers, eine authentische Debatte zu organisieren, ein schlimmes Vorzeichen für die Transparenz wäre, mit der dieser Krieg geführt würde. So nahmen wir die Initiative ein tägliches Blatt über den Konflikt herauszugeben. Da die Internetsite der serbischen Regierung sofort von der atlantischen Allianz zerstört wurde, besaßen wir keine Möglichkeit an die serbische Version der Ereignisse heranzukommen. Deshalb haben wir uns bei den Presseagenturen der Gegend abonniert (Kroatischen, Bosnischen, Griechischen, Zypriotischen, Türkischen, Ungarischen und mehr). Während der ganzen Dauer des Konflikts haben wir jeden Tag eine Zusammenfassung der Pressekonferenz der NATO in Brüssel sowie eine Zusammenfassung der Zeugenaussagen der Journalisten der Anrainerländer veröffentlicht; Länder, die manchmal schwere Streitsachen mit Serbien hatten, deren Regierungen aber untereinander die gleiche Version der Ereignisse teilten. Im Laufe der Zeit spaltete sich die NATO-Version von der der lokalen Journalisten ab, bis sie nichts mehr gemein hatten. Am Ende handelte es sich um zwei radikal unterschiedliche Geschichten. Wir hatten nicht die geringste Möglichkeit zu wissen, wer lüge oder ob eine der beiden Quellen die Wahrheit sagte. Unsere Leser hatten den Eindruck schizophrene zu werden, umso mehr als die westeuropäischen Medien nur die NATO-Version brachten und folglich, unsere Leser nur durch uns mit den zwei Versionen konfrontiert waren. Wir haben diese Ausdruckweise drei Monate lang weitergeführt. Als die Waffen endlich schwiegen und die Kollegen und Freunde sich auf Ort begeben konnten, haben sie mit Bestürzung festgestellt, dass es nicht „Propaganda auf beiden Seiten“ gegeben hat. Nein: die NATO-Version war vollkommen verfälscht, während die der hiesigen Journalisten vollkommen richtig war. In den darauffolgenden Monaten berichtigten Parlamentsberichte in mehreren Ländern der Allianz die Tatsachen. Mehrere Werke erschienen über die, von dem Kommunikationsberater Tony Blairs erfundene Methode, die es der NATO ermöglichte, die ganze westliche Presse zu manipulieren: das „story telling“. Es ist möglich, alle westlichen Journalisten zu hintergehen und ihnen die Tatsachen zu verheimlichen, wenn man ihnen ein Kindermärchen erzählt, unter der Bedingung, die Erzählung nie zu unterbrechen, sie mit Referenzen zu spicken die entferne Gefühle erwecken und die ihre innere Kohärenz bewahren.

Ich hatte nicht den Reflex gehabt vor dem Kriegsausbruch nach Serbien zu fahren und ich habe es auch nicht während der bewaffneten Auseinandersetzung machen können. Jedoch, lieber Leser, heute bin ich in Syrien, wo ich mir die Zeit genommen habe zu forschen und wo ich diesen Artikel schreibe. Es ist mit vollkommener Sachkenntnis, dass ich behaupten kann, dass die NATO-Propaganda heute in Aktion ist, was Syrien betrifft, wie sie einst in Serbien funktionierte.

Die Allianz hat begonnen, eine von der Wirklichkeit entfernte Geschichte zu erzählen, deren Ziel es ist, eine „militärische humanitäre Intervention“ zu rechtfertigen, gemäß dem Blair’schen Oxymoron. Die Parallele endet hier: Slobodan Milosevic war ein Kriegsverbrecher, den man als Verbrecher gegen Menschenrechte darzustellen versuchte, um sein Land in Stücke zu reißen; Bachar el-Assad ist ein Widerstandskämpfer gegen Imperialismus und Zionismus, der die Hezbollah unterstützt hat, als der Libanon angegriffen wurde und der den Hamas und den islamischen Dschihad unterstützt, in ihrer Suche nach Freiheit der palästinensischen Heimat.

Vier Lügen der NATO

 1. Gemäß der NATO und ihren Alliierten im Golf hätten Massendemonstrationen seit acht Monaten in Syrien stattgefunden, um mehr Freiheiten und den Rücktritt des Präsidenten Bachar el-Assad zu verlangen

Das ist falsch. Es gab tatsächlich in einigen Städten Aufmärsche gegen den Präsidenten Bachar el-Assad auf Abruf saudischer und ägyptischer Prediger, die sich über Al-Jazeera ausdrückten, aber sie haben im Ganzen, maximal, nur 100 000 Leute mobilisiert. Sie verlangten nicht mehr Freiheit, sondern die Errichtung eines islamitischen Regimes. Sie forderten den Abtritt von Präsident Bachar el-Assad, nicht auf Grund seiner Politik, sondern weil diese Protestler einer sektenartigen sunnitischen Religion angehören, dem Takfirismus, und klagen Bachar el-Assad an, ein Ketzer (er ist Alauit) zu sein, der die Macht in einem Muslim Land usurpiert. Laut ihrer Meinung kann das Land legitimer Weise nur von einem Sunniten ihrer theologischen Strömung geleitet werden.

 2. Gemäß der NATO und ihren Alliierten im Golf hätte das „Regime“ mit scharfer Munition geantwortet, um die Massen auseinander zu treiben, womit es seit Jahresanfang mindestens 3 500 Tote verursacht hätte.

Das ist falsch. Zum Ersten gibt es keine Repression der Demonstranten, die niemals existierten. Dann, seit Anfang der Ereignisse haben die Autoritäten begriffen, dass man konfessionelle Konfrontationen provozieren wollte in einem Land, wo die Weltlichkeit (Trennung von Kirche und Staat) das Rückgrat des Staates seit dem VIII. Jahrhundert ist. Der Präsident Bachar el-Assad hat daher der Armee, der Polizei und dem Sicherheitsdienst verboten, von Schusswaffen Gebrauch zu machen falls Zivilpersonen verletzt werden könnten. Es geht darum, Verletzte oder gar Tote zu vermeiden, welch immer ihre Religion auch sei, die als Vorwand für einen Religionskrieg benützt werden könnten. Dieses Verbot wird von den Sicherheitskräften unter Einsatz ihres Lebens eingehalten, wie wir es später sehen werden. Was die Toten anbelangt ist ihre Zahl die Hälfte der vorgegebenen. Die meisten sind keine Zivilopfer, sondern Polizisten und Soldaten, wie ich es durch Spitalbesuche und Besuche der zivilen und militärischen Leichenhallen konstatieren konnte.

 3. Nachdem es uns gelungen ist die Mauer des Schweigens zu brechen und zu erreichen, dass die großen westlichen Medien von der Gegenwart von aus dem Ausland gekommenen Mordgeschwadern in Syrien berichten, welche das Militär und die Polizei aus dem Hinterhalt angreifen und Zivilleute in Mitten der Stadt ermorden, haben die NATO und ihre Golf-Alliierten über die Gegenwart von Deserteurbanden berichtet. Demnach hätten die Soldaten (aber keine Polizisten) dem Befehl, auf die Bevölkerung zu schießen, widerstanden und den Dienst verweigert. Sie wären untergetaucht und hätten die freie syrische Armee gebildet, die schon 1 500 Mann besitze.


Das ist falsch. Es gibt nur einige Dutzende Deserteure, die nach der Türkei geflohen sind, wo sie von einem Offizier des Stammes Rifaat el-Assad/Abdel Hakim Khaddam kommandiert werden, welcher bekannterweise mit der CIA verbunden ist. Es gibt jedoch mehr und mehr Abtrünnige, junge Leute die ihren Militärdienst verweigern, oft mehr unter dem Druck ihrer Familie als aus persönlichen Gründen. Tatsächlich können die Soldaten, die in einen Hinterhalt geraten, nicht von ihren Schusswaffen Gebrauch machen um sich zu verteidigen, wenn Zivilpersonen gegenwärtig sind. Sie sind daher gezwungen ihr Leben zu riskieren, wenn es ihnen nicht gelingt vorher zu fliehen.

 4. Gemäß der NATO und ihren Alliierten im Golf hätte der Zyklus Revolution/Repression einem beginnenden „Bürgerkrieg“ Platz gemacht. 1,5 Millionen Syrier, die in die Falle geraten sind, würden an Hunger Leiden. Man sollte daher „humanitäre Korridore“ organisieren, um Nahrungsmittelhilfe heranbringen zu können und der Zivilbevölkerung, die es wünscht, die Flucht aus den Kampfzonen möglich zu machen.

Das ist falsch. Wenn man die Zahl und die Grausamkeit der Angriffe der aus dem Ausland stammenden Mordgeschwader betrachtet, sind die Bewegungen der Bevölkerung gering. Syrien ist autark was die Nahrungsmittel betrifft und die Produktion hat kaum nachgelassen. Im Gegenteil finden die Angriffe auf den großen Verbindungswegen statt, welche dadurch oft unterbrochen sind. Außerdem schließen die Warenhändler, wenn die Anfälle in der Stadt verbrochen werden, sofort ihre Läden. Der Nachschub ist dadurch sehr gehandikapt, speziell was die Nahrung betrifft. Das Hauptproblem ist woanders: die wirtschaftlichen Sanktionen haben ein Desaster ausgelöst. Während Syrien in den letzten zehn Jahren eine jährliche Wachstumsquote von 5% besaß, kann es jetzt nicht mehr sein Erdöl an die Europäische Union verkaufen und seine Touristenaktivität ist vollkommen zerstört. Viele Menschen haben ihre Arbeitsstelle und ihr Einkommen verloren. Sie sparen wo sie können. Die Regierung hilft ihnen, verteilt gratis Heizöl und Nahrungsmittel. Unter diesen Bedingungen sollte man eher sagen, dass ohne die Maßnahmen der Bachar el-Assad Regierung, 1,5 Millionen Syrier auf Grund der westlichen Sanktionen unter Ernährungsmittelmangel leiden würden.

Während wir nur im Stadium eines nicht konventionellen Krieges sind, mit Söldnereinsatz und Spezialtruppen um das Land zu destabilisieren, hat sich schließlich die von der NATO- und den Golfalliierten fabrizierte Erzählung schon stark von der Wirklichkeit entfernt. Diese Kluft wird sich mehr und mehr vergrößern.

Was Sie betrifft, lieber Leser, haben Sie nicht den geringsten Grund, mir mehr zu glauben als der NATO, da Sie selbst nicht an Ort sind. Sie haben aber jetzt mehrere Elemente in der Hand, die Sie hellhörig machen sollten.
 

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Bernard-Henry Lévy, der sich rühmt, Frankreich im Interesse Israels in den Libyenkrieg gezogen zu haben, berichtet im „Le Parisien“ dass er eine Liste von Zielen besitzt.

Vier von der NATO sorgfältig versteckte Offensichtlichkeiten

 1. Man könnte glauben, dass die Anklagen über die angebliche Repression und die Zahl der Opfer sorgfältig geprüft wurden. Nicht im Geringsten. Sie kommen von ein und derselben Quelle: dem Observatorium der syrischen Menschenrechte, in London stationiert, deren Verantwortliche anonym bleiben wollen. Was sind diese schweren Anklagen wert, wenn sie nicht überprüft werden und warum werden sie von dem Ober-Kommissariat der Menschenrechte der UNO ohne Kontrolle aufgenommen?

 2. Russland und China haben ihr Veto gegen ein Resolutionsprojekt des Sicherheitsrates erhoben, welches eine militärische internationale Intervention möglich machen sollte. Die politischen Führer der NATO erklären uns, untröstlich, dass die Russen ihren militärischen Stützpunkt in Tartous (Syrien) beschützen und dass die Chinesen alles nur Mögliche machten, um einige Barrel Öl einzuheimsen. Müssen wir die manichäische Idee annehmen, dass Washington, London und Paris von gut gemeinten Gefühlen bewegt sind, während Moskau und Peking grundsätzlich egoistisch und gefühllos gegenüber dem Martyrium eines Volkes wären? Wie könnte man übersehen, dass Russland und China wesentlich weniger eigene Interessen in Syrien verteidigen, als die Abendländer dort haben, um es zerstören zu wollen?

 3. Es ist seltsam, wenn man die Staatskoalition der sogenannten gut Gesinnten beobachtet. Wie kann man übersehen, dass die zwei Hauptbeitragenden zur Arabischen Liga und Befürworter der „Demokratisierung“ Syriens, Saudi-Arabien und der Katar, gerade Lehnsmann Diktaturen der Vereinigten Staaten und Großbritannien sind? Wie kann man vergessen sich zu fragen, ob die Abendländer – die gerade nacheinander Afghanistan, den Irak, und Libyen zerstört und mehr als 1,2 Millionen Menschen in zehn Jahren getötet haben, und sich nur wenig Sorgen über das dortige Menschenschicksal machen – doch wirklich unseres Vertrauens würdig wären, wenn sie die Menschenrechtsflagge hissen?

 4. Besonders wichtig erscheint es, um sich nicht in Sachen Syrien um den Daumen wickeln zu lassen, die Ereignisse in ihren Kontext zurückzusetzen. Für die NATO und ihre Alliierten im Golf – deren Armeen den Jemen und Bahrain angegriffen haben um die Unruhen im Blut zu ersticken – ist die „syrische Revolution“ die Fortsetzung des „arabischen Frühlings“: die Völker der Gegend streben nach Markt Demokratie und Behaglichkeit nach Muster des American Way of Life. Im Gegensatz sind für die Russen, Chinesen, wie für die Venezolaner oder Sudafrikaner, die syrischen Ereignisse die Weiterführung der von Washington angekündigten „Neubildung des weiteren Nahen Ostens“, die schon 1,2 Millionen Leben gekostet hat und die jeder ums Leben besorgte Mensch aufhalten muss. Sie erinnern sich, dass am 15. September 2001 der Präsident George W. Bush sieben Kriege geplant hatte. Die Vorbereitung des Angriffs auf Syrien begann offiziell am 12. September 2003 mit der Verabschiedung des Syrian Accountability Act im Gefolge des Sturzes von Bagdad. Seit diesem Tag hat der Präsident der USA – heute Barack Obama – vom Kongress die Aufgabe, Syrien anzugreifen, ohne die Eröffnung des Feuers vor dem Kongress einer Debatte aussetzen zu müssen. Es ist also nicht mehr die Frage, ob die NATO eine göttliche Rechtfertigung als Vorwand gefunden hat, um einen Krieg vom Zaun zu brechen, sondern ob Syrien Mittel finden wird, um sich aus dieser Lage zu befreien, sowie es Syrien gelungen ist, allen verleumderischen Anklagen und vorher gestellten Fallen zu entkommen, wie der Mord von Rafik Hariri oder der Überfall Israels auf eine imaginäre militärische Kernkraftzentrale.

Die westlichen meanstream Medien bezeugen

Zum Schluss dieses Artikels möchte ich Sie informieren, lieber Leser, dass das Netzwerk Voltaire eine Pressereise auf Initiative des Katholischen Informationszentrums der Orientchristen organisiert hat, im Rahmen der Öffnung zu westlichen Medien, welche von Präsident el-Assad der Arabischen Liga mitgeteilt wurde. Wir haben mainstream Journalisten geholfen, in die Kampfzonen zu fahren. Unsere Kollegen haben zu allererst unsere Gegenwart an ihrer Seite schlecht empfunden, sowohl aus ihrer a priori Voreingenommenheit uns gegenüber, als auch aus Furcht, wir wollten sie beeinflussen. Später konnten sie feststellen, dass wir normale Personen sind, und dass unser Beschluss, eine bestimmte Seite der Gegner zu wählen, uns nicht abgehalten hat, mit kritischem Urteil die Lage zu studieren. Letztlich, obwohl sie von der Gutgesinntheit der NATO tief überzeugt sind und unsere antiimperialistische Gesinnung nicht teilen, haben sie die Wirklichkeit gehört und gesehen. Sie haben mit Aufrichtigkeit in ihren Berichten von den Mordgeschwadern, die das Land terrorisieren, berichtet. Natürlich enthielten sie sich, die atlantische Version offen zu kritisieren und haben versucht, die Diskrepanzen zwischen dem was sie erlebt und gesehen haben und der offiziellen Version zu schlichten, mit oft kontorsionsartigen Auslegungen des Konzeptes eines „Bürgerkrieges“, welcher die syrische Armee und ausländische Söldner gegenüber stellt. Wie dem auch sei, die Reportage der Radio Télévision Belge (RTBF) oder der La Libre Belgique, um nur diese zu zitieren, zeigt, dass die NATO seit acht Monaten die Aktion der Mordgeschwader verheimlicht und ihre Verbrechen verleumderisch den syrischen Autoritäten in die Schuhe schiebt.

Thierry Meyssan

Übersetzung
Horst Frohlich

Quelle: www.voltairenet.org

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